Es ist ein Argument, das immer wieder auf den Tisch kommt – meistens mit trotzigem Unterton: „Aber das Klima hat sich doch schon immer verändert!“
Stimmt. Tut es. Und zwar seit es überhaupt ein Klima gibt. Aber: Noch nie ging das so rasant wie heute. Und genau das macht den Unterschied. Nicht der Wandel – sondern sein irrsinniges Tempo.
Klimageschichte in Zeitlupe: Der Blick zurück auf 100 Millionen Jahre
Werfen wir den Blick ganz weit zurück. In eine Zeit, als Dinosaurier durch dichte Urwälder stapften und sich kein Mensch jemals über CO₂ den Kopf zerbrach.
Damals war der CO₂-Gehalt der Atmosphäre bis zu fünfmal höher als heute. Es gab kein polares Eis, die Temperaturen waren tropisch – selbst in Regionen, die heute eisbedeckt sind.
Aber das Entscheidende: Diese Veränderungen geschahen langsam, über Millionen von Jahren. Das Klima hatte Zeit. Und die Lebewesen auch.
Heute hingegen blasen wir in gerade mal 100 Jahren so viel CO₂ in die Atmosphäre, wie es die Natur in 100 Millionen Jahren eingelagert hat. Das ist – Achtung! – eine Million Mal schneller.
Was dabei zählt, ist nicht nur die Menge – sondern die Geschwindigkeit
Diese gigantische Beschleunigung ist das eigentliche Problem.
Denn evolutionäre Anpassung braucht Zeit. Viel Zeit. Wenn sich das Klima über Jahrmillionen verändert, können Arten sich anpassen, auswandern oder sich genetisch verändern. Passiert das Ganze aber in wenigen Jahrzehnten, bleiben vielen nur zwei Optionen: kämpfen – oder verschwinden.
Die Eiszeiten – und was sie uns lehren
Schauen wir auf einen anderen Zeitraum: die letzten 800.000 Jahre. Eine Ära voller Eiszeiten und Warmphasen. Und auch hier zeigen alle Daten: CO₂ und Temperatur gehen Hand in Hand.
Die Erde wurde kälter, wenn der CO₂-Gehalt sank. Und wärmer, wenn er stieg. Immer wieder, über Zehntausende von Jahren – langsam, rhythmisch, vorhersehbar. Ein kosmischer Tanz, beeinflusst von:
- der elliptischen Umlaufbahn der Erde (alle 100.000 Jahre)
- dem Neigungswinkel der Erdachse (alle 40.000 Jahre)
- der Taumelbewegung der Erdachse (alle 20.000 Jahre)
Diese Zyklen veränderten die Sonneneinstrahlung – und lösten damit langfristige Klimaveränderungen aus. Aber selbst hier war CO₂ immer der Verstärker, der das globale Thermostat feiner justierte.
Die letzten 1.000 Jahre – und der steile Anstieg
Gehen wir weiter in der Zeit – hin zur jüngeren Vergangenheit, die wir mit sogenannten „Proxy-Daten“ gut rekonstruieren können: Baumringe, Eisbohrkerne, Korallen, Sedimente.
All diese natürlichen Klimaarchive erzählen dieselbe Geschichte: Die Temperaturen blieben relativ stabil – bis zum Beginn der Industrialisierung.
Dann passierte etwas, das man mit einem Hockeyschläger vergleichen kann. Ein flacher Griff – das Klima der letzten 1.000 Jahre – und eine abrupte Spitze: der rasante Anstieg der Temperatur seit dem 19. Jahrhundert.
Und diese Spitze ist ohne menschliches Zutun nicht erklärbar.
CO₂ als treibender Faktor – immer und immer wieder
Egal ob vor 100 Millionen Jahren, in den Eiszeiten oder im letzten Jahrhundert: CO₂ war immer der Schlüsselspieler.
Und ja, es stimmt: In der Vergangenheit war der CO₂-Gehalt auch schon mal höher. Aber nie in so kurzer Zeit. Und nie während eine hochkomplexe menschliche Zivilisation auf funktionierende Ökosysteme und stabile Klimabedingungen angewiesen war.
Die Daten lügen nicht – aber wir lügen uns selbst an
Es ist eigentlich alles da: Die Rekonstruktionen. Die Modelle. Die Eisbohrkerne. Die Baumringe. Die Wissenschaft.
Und doch halten sich Mythen hartnäckig. „Aber früher war’s doch auch warm!“ – Ja, klar. Aber niemand hatte damals ein Häuschen am Meer gebaut, Straßen in Permafrostregionen gelegt oder Weizenfelder in Trockengebieten angelegt.
Unsere gesamte Infrastruktur basiert auf einem relativ stabilen Klima – und genau das droht nun zu kippen.
Warum uns die Vergangenheit die Zukunft erklärt
Was die Wissenschaft uns heute bietet, ist nicht nur eine Rückschau – sondern eine Warnung.
Die Daten zeigen: Noch nie hat sich das Klima so schnell verändert wie heute. Und noch nie war eine einzige Spezies dafür verantwortlich. Wir sind die ersten – und vielleicht auch die letzten – die diesen Kipppunkt mit eigenen Augen sehen.
Was lernen wir daraus?
- Ja, das Klima verändert sich ständig. Aber nicht in diesem Tempo.
- CO₂ ist immer ein entscheidender Treiber – damals wie heute.
- Der Unterschied heute: Wir wissen es. Und wir könnten etwas tun.
Bleib neugierig – und kritisch. Aber nicht blind.
Veränderung ist Teil der Natur. Der Unterschied: Diesmal sind wir die Veränderung. Und das heißt auch: Wir tragen Verantwortung.
Nicht für die Vergangenheit. Aber für das, was kommt.