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Sie sind versteckt, unterschätzt und oft übersehen – dabei könnten Kolumbiens Moore ein echter Joker im globalen Klimaschutz sein.


Verborgene Schätze zwischen Nebelwäldern und Savannen

Wenn wir über Klimaschutz reden, landen wir schnell bei Wäldern, Solaranlagen oder E-Autos. Aber Moore? Kaum jemand denkt an sie – und noch weniger an die in Kolumbien. Dabei schlummert in diesen Torfgebieten ein gigantisches Klimapotenzial. Sie speichern mehr Kohlenstoff als jedes andere Ökosystem auf der Erde, pro Quadratmeter gesehen sogar mehr als Regenwälder. Unglaublich, oder?

Und Kolumbien? Das Land steckt voller Überraschungen. Zwischen Andengipfeln, Amazonasbecken und Karibikküste verbergen sich Moore, die wir gerade erst beginnen zu verstehen.

Die Jagd nach dem unsichtbaren Kohlenstoffspeicher

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Scott Winton (University of California, Santa Cruz) hat sich aufgemacht, Licht ins Dunkel zu bringen. Satellitenbilder, Bodenproben, Gespräche mit Einheimischen – daraus entstand die erste datenbasierte Karte der Tieflandmoore Kolumbiens.

Über 50 Standorte mit Torfböden wurden identifiziert, darunter „weiße Sandmoore“, die zuvor niemand auf dem Schirm hatte. Und das ist erst der Anfang. Man geht davon aus, dass diese Gebiete Kohlenstoff speichern, der dem kolumbianischen CO₂-Ausstoß aus fossilen Brennstoffen für mehr als 70 Jahre entspricht. Siehst du, was da auf dem Spiel steht?

Zwischen Unkenntnis und Zerstörung

Doch Moore sind tückisch. Von oben ähneln sie oft ganz normalen Feuchtgebieten – und sind schwer zu erkennen. Jahrzehntelange Konflikte im Land erschwerten zusätzlich die Forschung. Manche Moore wurden wohl zerstört, noch bevor jemand von ihrer Existenz wusste.

Ein bitterer Gedanke: Da gehen stille Klimaschützer drauf, ohne dass sie je eine Chance hatten.

Moore in den Anden – Wasserspeicher am Limit

Die Hochlandmoore in den Anden, die sogenannten Páramos, sind nicht nur Kohlenstofflager. Sie sind Wasserspender für Millionen. Bogotá etwa hängt direkt von ihnen ab. Aber auch hier macht der Mensch Dampf: Weidewirtschaft, intensive Landwirtschaft und Entwässerung nagen an den sensiblen Böden.

Aktuelle Schätzungen zeigen: 13 bis 15 Prozent dieser Hochlandmoore werden landwirtschaftlich genutzt – sogar in Schutzgebieten. Klingt absurd? Ist es auch.

Wenn ein Moor entwässert wird, setzt es nicht nur CO₂ frei. Es verliert auch seine Fähigkeit, Wasser zu speichern. Die Folge? Höhere Hochwassergefahr in der Regenzeit, Wassermangel in der Trockenzeit – und ein gestresstes Ökosystem, das kaum noch atmen kann.

Hoffnung auf nassen Boden

Es gibt sie, die Lichtblicke. In Kolumbien laufen inzwischen mehrere Wiederherstellungsprojekte an. Eines davon: „Turberas para el futuro“ – also „Moore für die Zukunft“. Klingt nach Hoffnung, oder?

Hier geht’s nicht nur um technische Maßnahmen wie das Blockieren von Entwässerungskanälen. Auch die Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden steht im Fokus. Wer die Menschen vor Ort nicht mitnimmt, rennt gegen Wände. Und das weiß man inzwischen.

Parallel dazu setzen Forschende auf Hightech: Mit Fernerkundung, Drohnen und maschinellem Lernen kartierten Patrick Nicolás Skillings-Neira und sein Team rund 225.000 bis 250.000 Hektar Hochlandmoore. Eine Grundlage für Schutzpläne, die endlich ins Schwarze treffen könnten.

Warum das niemanden kalt lassen sollte

Was wäre, wenn wir all diese Moore einfach weiter ignorieren? Wenn wir sie entwässern, abbrennen oder überbauen?

Dann verlieren wir nicht nur CO₂-Speicher. Sondern auch wichtige Wasserspeicher, Biodiversitätshotspots und ein Naturerbe, das Generationen überdauert hat. Moore entstehen über Jahrtausende – und können in wenigen Jahren zerstört werden. Der Deal ist also ziemlich unfair.

Und mal ehrlich: Warum fällt es uns so schwer, das Unsichtbare zu schützen? Müssen wir erst sehen, wie Städte verdursten, bevor wir reagieren?

Zeit für echten Schutz – mit globalem Blick

Kolumbiens Moore sind ein Paradebeispiel für stille Ökosysteme mit großer Wirkung. Ihre Rolle im globalen Klimasystem ist viel größer, als es ihre Fläche vermuten lässt. Genau deshalb brauchen sie Aufmerksamkeit – nicht irgendwann, sondern jetzt.

Es braucht dafür nicht nur Wissenschaft und Technologie, sondern auch politische Rückendeckung, gesetzliche Klarheit und internationale Zusammenarbeit. Klimaschutz endet nicht an Landesgrenzen – vor allem dann nicht, wenn Ökosysteme wie Moore globale Kipppunkte beeinflussen.

Also ja, Moore sind unscheinbar. Aber vielleicht ist es genau das, was sie so dringend schützt.

Von Andreas M. B.