Er ist kalt, riesig und weit weg – der Südliche Ozean rund um die Antarktis. Für viele klingt das nach endloser Leere.
Und doch entscheidet sich wahrscheinlich dort, ob unser Planet noch die Kurve kriegt.
Eine neue Studie der University of East Anglia zeigt: Die Verringerung des Ozonlochs kann die CO₂-Aufnahme dieses Ozeans stärken – aber nur, wenn die Menschheit gleichzeitig ihre Emissionen bremst. Klingt paradox? Ist es auch. Und hochrelevant.
Ein alter Umweltskandal mit neuem Potenzial
Erinnerst du dich noch an das Ozonloch? Dieses riesige, unsichtbare Loch in der Atmosphäre, das uns in den 80ern schockierte und Sonnencremeverkäufe durch die Decke schießen ließ?
Dank dem Montrealer Protokoll von 1987 wurde die Produktion von FCKW gestoppt – mit durchschlagendem Erfolg. Die Ozonschicht beginnt sich zu erholen.
Doch was viele nicht wissen: Die Zerstörung der Ozonschicht hatte nicht nur Auswirkungen auf UV-Strahlung, sondern veränderte auch die Winde über dem Südlichen Ozean. Diese stärkeren Winde förderten kohlenstoffreiches Tiefenwasser zutage – und machten es dem Ozean schwer, zusätzliches CO₂ aus der Atmosphäre zu binden.
Drei Szenarien, ein klares Ergebnis
Die britischen Forschenden simulierten mit dem UK Earth System Model drei Entwicklungen:
- Ein Weltverlauf ohne Ozonloch.
- Eine Realität mit Loch – und dessen Verkleinerung.
- Und eine düstere Alternative, in der das Loch bleibt wie 1987.
Das Ergebnis: Die negativen Auswirkungen auf Windmuster und Kohlenstoffaufnahme sind reversibel – wenn die Emissionen niedrig bleiben. Klingt gut, oder?
Wenn sich gute Nachrichten relativieren
Aber Vorsicht: Die Freude ist schnell wieder gedämpft.
Denn wenn die Treibhausgasemissionen weiter steigen, ändert sich das Spiel.
Mehr CO₂ in der Luft bedeutet: stärkere Winde, mehr Tiefenwasser an der Oberfläche – und weniger Aufnahmefähigkeit. Gleichzeitig sorgt die Erwärmung dafür, dass warmes Oberflächenwasser CO₂ schlechter bindet. Bis 2100 könnte der Südliche Ozean um 1,6 °C wärmer werden. Und damit deutlich weniger wirksam als CO₂-Speicher.
Wäre das nicht irre? Da heilt die Menschheit endlich eine selbst verursachte Wunde – und versaut sich gleichzeitig die Erholung durch neue Sünden?
Der Ozean als Klima-Bremsklotz – oder Hoffnungsträger?
Heute nimmt der Südliche Ozean rund 40 Prozent des vom Menschen verursachten CO₂ auf – obwohl er nur 30 Prozent der Ozeanfläche ausmacht. Diese unfassbare Leistung hängt an einem empfindlichen Gleichgewicht zwischen Temperatur, Wind und Strömung.
Wenn wir dieses Gleichgewicht kippen, verlieren wir ein zentrales Klimainstrument. Ein Backup-System, das die Erderwärmung bisher wenigstens etwas eingebremst hat.
Ist das noch reparierbar?
Hoffnung mit Bedingungen
Ja – aber es braucht echte Veränderung.
Die Heilung des Ozonlochs zeigt: Internationale Abkommen können funktionieren. Sie können Umweltzerstörung rückgängig machen – wenn der politische Wille da ist. Das Montrealer Protokoll war historisch. Und erfolgreich.
Doch ohne eine drastische Reduktion der CO2-Emissionen verlieren wir diesen Bonus wieder. Die Ozeane verkraften nur eine beschränkte Menge. CO₂ bleibt Jahrhunderte in der Atmosphäre – und noch länger im Wasser.
Komplex, aber nicht undurchschaubar
Was bleibt, ist eine nüchterne Einsicht: Klimasysteme sind keine einfachen Maschinen. Sie reagieren auf viele Faktoren gleichzeitig – und manchmal ziehen sie sich gegenseitig ins Chaos.
Ein Loch in der Ozonschicht kann den CO₂-Haushalt des Ozeans beeinflussen. Steigende Emissionen können diese Wirkung überlagern. Und all das wirkt auf das Klima zurück. Ein empfindliches, gegenseitiges Zusammenspiel – das wir nicht länger ignorieren dürfen.
Der Planet repariert sich selbst – wenn wir ihn lassen
Diese Studie erinnert daran: Natur kann sich erholen. Aber nur, wenn wir aufhören, sie ständig neu zu verletzen.
Die gute Nachricht: Die Strömungen im Südlichen Ozean reagieren sensibel auf Umstellungen. Wer heute handelt, beeinflusst die Ozeanchemie von morgen. Doch wenn wir weiter Emissionen ins System pumpen wie bisher, nutzen auch die besten Reparaturmaßnahmen wenig.
Von Andreas M. Brucker
SEO-Keyphrase: Heilung des Ozonlochs und CO₂-Aufnahme im Südlichen Ozean