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45,8 Grad. Sechzehn Tage Gluthitze. 400.000 Hektar verkohlte Landschaft. Über 1.000 Tote.

Was nach einem dystopischen Drehbuch klingt, war im August 2025 die bittere Realität in Spanien – ein Land, das inzwischen an vorderster Front des globalen Klimawandels steht.

Die Hitzewelle, die weite Teile der iberischen Halbinsel lahmlegte, war die intensivste, die je dort gemessen wurde. Und ja, dieser Rekord kam nicht aus dem Nichts. Er war angekündigt. Vom Boden aus, aus der Atmosphäre – und aus der Geschichte selbst.

Heiße Luft – im doppelten Sinne

Bereits in den ersten Augusttagen war klar: Diese Wetterlage ist kein Zufall. Die Luft war dicker als gewöhnlich, die Nächte tropisch, die Böden knochentrocken. In Städten wie Jerez de la Frontera, Murcia und Córdoba knackten die Temperaturen regelmäßig die 45-Grad-Marke.

Manche lachten noch. „Spanischer Sommer halt.“ Doch das Lachen gefror – metaphorisch, versteht sich – als klar wurde, dass diese Glut nicht nach zwei, drei Tagen verfliegt. Sie blieb. Und sie fraß sich durchs Land.

Der Kipppunkt hat einen Namen: +4,6 °C

Wetterextreme sind das eine. Aber diese Welle lag im Schnitt 4,6 Grad Celsius über dem Wert, der in Spanien für Hitzewellen als „normal“ gilt. Klingt technisch? Ist es auch. Aber stell dir vor: Du drehst deinen Backofen 5 Grad höher, während dein Kuchen schon fast fertig ist. Er verbrennt.

Genauso ging es Spaniens Vegetation. Wälder, Olivenhaine, Nationalparks – alles stand in Flammen. Mehr als 400.000 Hektar gingen in Rauch auf, eine Natur, die Jahrzehnte brauchen wird, um sich auch nur annähernd zu erholen.

Wer leidet, wenn’s heiß wird?

Vor allem die, die am wenigsten dafür können. Ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Vorerkrankungen – aber auch jene, die draußen arbeiten. Erntehelfer, Bauarbeiter, Menschen ohne festen Wohnsitz.

Die Hitzewelle war tödlich: Über 1.000 zusätzliche Todesfälle wurden gezählt. Dabei geht es nicht nur um Zahlen. Es geht um Väter, Mütter, Großeltern. Um Menschen, deren Körper der Dauerbelastung nicht mehr standhalten konnten.

Und das alles? Passiert in einem der inzwischen wirtschaftlich stabilsten Länder Europas. Was also passiert dann in Regionen, in denen Klimaanlagen ein unerreichbarer Luxus sind?

Die Klimakrise zeigt ihr wahres Gesicht

Natürlich war das nicht „nur Wetter“. Es war ein Symptom – ein weiteres, alarmierendes Zeichen einer sich rasch beschleunigenden Klimakrise.

Europa heizt sich doppelt so schnell auf wie der globale Durchschnitt. Das bedeutet: Was heute noch als Ausnahme gilt, wird morgen zur Regel. Wissenschaftler prognostizieren, dass sich die Zahl der Hitzetage in Ländern wie Frankreich oder Spanien bis 2050 verfünffachen könnte. Und wenn die globale Erwärmung ungebremst auf 4 Grad steigt, wird sie sich sogar verzehnfachen.

Was das konkret heißt? Vielleicht: 60 Tage mit über 40 Grad. Jedes Jahr. Mit Dürre, Wassermangel, Ernteausfällen, Blackouts – und gesellschaftlichem Sprengstoff.

Politik: Reagieren oder resignieren?

Der spanische Premierminister rief inmitten der Flammen nach einem „Pakt für das Klima“. Ein Signal, ja – aber reicht das? Die Infrastruktur ist nicht auf Dauerhitze ausgelegt. Städte sind versiegelt, schattenlos, wasserarm. Und die Notfallpläne? Meist zu spät, zu wenig, zu bürokratisch.

Was fehlt, ist ein mutiger Umbau. Kühlung in Schulen. Begrünte Dächer. Frühwarnsysteme für Risikogruppen. Und vor allem: eine radikale Kehrtwende in der Energiepolitik.

Denn eines ist sicher: Solange weiter Öl, Kohle und Gas verbrannt werden wie bisher, bleibt jede Hitzewelle ein Vorgeschmack – auf das, was noch kommt.

Hoffnung? Ja. Aber nicht zum Nulltarif

Klingt deprimierend? Ist es irgendwie auch. Aber Aufgeben ist keine Option. Es gibt längst Lösungen: Sonnen- und Windenergie, Wärmedämmung, Verkehrswende, Agrarökologie.

Und nicht zuletzt: soziale Gerechtigkeit.

Denn Klimaschutz muss immer auch Gerechtigkeit bedeuten. Wer wenig besitzt, darf nicht am meisten leiden. Wer viel verursacht, muss mehr beitragen. Das ist keine moralische Frage, sondern eine Überlebensstrategie.

Persönlicher Blick: Warum mich das nicht kaltlässt

Ich erinnere mich an einen Sommer in Andalusien vor zehn Jahren. 35 Grad, sengende Sonne – aber irgendwie noch erträglich. Die Abende brachten Wind, die Nächte Kühlung. Heute? Die Nacht bleibt heiß, der Asphalt glüht bis in die Morgenstunden. Selbst moderne Klimaanlagen kommen an ihre Grenzen.

Ich schreibe das nicht aus dem Elfenbeinturm. Sondern weil ich glaube, dass Geschichten wie diese etwas bewegen können. Vielleicht ist dieser Text nur ein kleiner Stein. Aber viele kleine Steine bringen etwas ins Rollen.

Und jetzt?

Wie oft noch müssen wir „Rekordhitzewelle“ hören, bevor wir wirklich umsteuern? Wie viele Sommer wie dieser braucht es noch, bis wir handeln wie Erwachsene – und nicht wie Kinder, die mit Streichhölzern spielen?

Es liegt an uns. Allen. Nicht irgendwann. Jetzt.

Von Andreas M. Brucker