Es ist bekannt, dass das Treibhausgas Methan von speziellen Mikroorganismen produziert wird, zum Beispiel im Darm von Kühen oder in Reisfeldern. Seit einigen Jahren beobachten Wissenschaftler auch die Produktion von Methan in Pflanzen und Pilzen, ohne eine Erklärung dafür zu finden. Jetzt haben Forscher aus Heidelberg und dem Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg den zugrunde liegenden Mechanismus aufgeklärt. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass alle Organismen Methan freisetzen.
Methan ist ein starkes Treibhausgas, weshalb die Untersuchung seiner natürlichen und anthropogenen biogeochemischen Quellen und Senken von großem Interesse ist. Viele Jahre lang gingen Wissenschaftler davon aus, dass Methan nur von einzelligen Mikroben, den so genannten Archaea, bei der Zersetzung von organischem Material unter Ausschluss von Sauerstoff (anaerob) produziert wird.
Nun hat eine Zusammenarbeit von Erd- und Biowissenschaftlern unter der Leitung von Frank Keppler und Ilka Bischofs gezeigt, dass ein Enzym für die Methanbildung möglicherweise nicht notwendig ist, da der Prozess auch über einen rein chemischen Mechanismus ablaufen kann. „Die durch reaktive Sauerstoffspezies ausgelöste Methanbildung findet wahrscheinlich in allen Organismen statt“, erklärt Leonard Ernst, der als interdisziplinär ausgebildeter Nachwuchswissenschaftler die Studie durchgeführt hat. Die Wissenschaftler wiesen die durch reaktive Sauerstoffspezies ausgelöste Methanbildung in mehr als 30 Modellorganismen nach, von Bakterien und Archaeen bis hin zu Hefen, Pflanzenzellen und menschlichen Zelllinien.
Es war eine Sensation, als Max-Planck-Forscher vor 16 Jahren die Freisetzung von Methan aus Pflanzen in Gegenwart von Sauerstoff (aerob) entdeckten. Allerdings wurden die Ergebnisse zunächst angezweifelt, da die Methanbildung mit dem damals vorhandenen Wissen über Pflanzen nicht erklärt werden konnte. Als die Forscher beobachteten, dass auch Pilze, Algen und Cyanobakterien (früher Blaualgen) unter aeroben Bedingungen Methan bildeten, vermutete man enzymatische Aktivitäten dahinter. Doch in keinem dieser Organismen fanden die Forscher ein entsprechendes Enzym. „Diese Studie ist daher ein Meilenstein in unserem Verständnis der aeroben Methanbildung in der Umwelt“, sagt Frank Keppler, Geowissenschaftler an der Universität Heidelberg. „Dieser universelle Mechanismus erklärt auch die Beobachtungen unserer früheren Studie zur Freisetzung von Methan aus Pflanzen“, so Keppler weiter.
Hohe Zellaktivität führt zu mehr Methan
Wie die Forscher nun am Beispiel des Bakteriums Bacillus subtilis zeigen konnten, besteht ein enger Zusammenhang zwischen Stoffwechselaktivität und Ausmaß der Methanbildung. Die Stoffwechselaktivität führt insbesondere unter dem Einfluss von Sauerstoff zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies in den Zellen, zu denen Wasserstoffperoxid und Hydroxylradikale gehören. In Wechselwirkung mit dem lebenswichtigen Element Eisen findet die Fenton-Reaktion statt – eine Reaktion zwischen reduziertem Eisen und Wasserstoffperoxid, die zur Bildung von hochreaktiven vierwertigen Eisenverbindungen und Hydroxylradikalen führt.
Letztere Moleküle treiben die Abspaltung eines Methylradikals von methylierten Schwefel- und Stickstoffverbindungen, z. B. der Aminosäure Methionin, voran. In einer anschließenden Reaktion des Methylradikals mit einem Wasserstoffatom wird schließlich Methan gebildet. Alle Reaktionen können unter physiologischen Bedingungen im Reagenzglas ablaufen und werden durch Biomoleküle wie ATP und NADH, die im zellulären Stoffwechsel entstehen, deutlich verstärkt.
Oxidativer Stress verstärkt die Methanbildung
Zusätzlicher oxidativer Stress, ausgelöst durch physikalische und chemische Faktoren, z. B. höhere Umgebungstemperaturen oder die Zugabe von reaktive Sauerstoffspezies bildenden Substanzen, führte bei den untersuchten Organismen ebenfalls zu einer erhöhten Methanbildung. Die Zugabe von Antioxidantien und das Abfangen von freien Radikalen verringerte dagegen die Methanbildung – eine Wechselwirkung, die wahrscheinlich die Methanbildung in Organismen steuert.
Die Studie trägt somit auch zur Erklärung bei, warum die Methanproduktion eines bestimmten Organismus um mehrere Größenordnungen schwanken kann und warum Stressfaktoren die Produktionsmenge besonders beeinflussen. Durch den Klimawandel verursachte Veränderungen der Umwelt- und Temperaturbedingungen könnten das Stressniveau vieler Organismen und damit ihre Methanemissionen in die Atmosphäre beeinflussen. Umgekehrt könnten Schwankungen im Methangehalt der Atemluft auf alters- oder stressbedingte Veränderungen des Zellstoffwechsels hinweisen.