Sie sind jung. Sie sind laut. Und sie haben verdammt gute Gründe dafür. Während Entscheidungsträger von einst noch in Konferenzen über „langfristige Strategien“ diskutieren, spüren junge Menschen weltweit längst die Folgen eines brennenden Planeten – auf ihrem Schulweg, in ihren Träumen und tief in ihrer Seele.
Eine Generation unter Hitzestress
Was erwartet ein Kind, das heute geboren wird? Wenn die globale Erwärmung nicht gestoppt wird, könnten 92 % der im Jahr 2020 geborenen Kinder im Laufe ihres Lebens unter nie dagewesenen Hitzewellen leiden. Das zeigt eine aktuelle Studie, basierend auf Klimamodellen bis 2100. Ganze 111 Millionen Kinder wären betroffen – ein Szenario, das sich nur durch das Einhalten des 1,5-Grad-Ziels halbwegs abmildern ließe.
Drei Mal so viele Überschwemmungen, acht Mal so viele Hitzewellen: So lautet die düstere Prognose für die Jugend der 2050er Jahre im Vergleich zu ihren Großeltern.
Und besonders hart trifft es den globalen Süden – Ostafrika, Süd- und Ostasien, die Pazifikstaaten. Dort, wo die Menschen ohnehin schon kämpfen. Dort, wo jede weitere Dürre, jede Flut eine existentielle Bedrohung ist.
Unsichtbarer Schmerz: Wenn Klima krank macht
Aber es geht nicht nur um körperliche Folgen. Der Klimawandel greift auch in die Köpfe. Eine internationale Umfrage unter 10.000 jungen Menschen zwischen 16 und 25 Jahren ergab: Fast 60 % fühlen sich extrem beunruhigt. Viele berichten von Angstzuständen, Hoffnungslosigkeit, Wut.
Die „Klimakrise“ ist auch eine Krise der Psyche. Manche nennen es „Öko-Angst“, andere „ökologische Trauer“. Namen sind egal – die Gefühle sind real. Es ist das Bewusstsein, in eine Zukunft hineinzuwachsen, die brüchiger ist als alles, was die Generationen davor je erleben mussten.
Und was wiegt schwerer als der Schmerz, zu wissen, dass man im Stich gelassen wurde?
Aktivismus statt Resignation: Jugend, die nicht schweigt
Aber sie geben nicht auf. Im Gegenteil. Jugendliche kämpfen weltweit für eine lebenswerte Zukunft – mit Demonstrationen, Petitionen, Gerichtsverfahren.
Greta Thunberg ist nur das prominenteste Gesicht einer Bewegung, die längst global ist. Von Fridays for Future über die Pacific Climate Warriors bis zu Klimaaktivist:innen in Uganda oder auf den Philippinen – sie alle zeigen: Jugend kann politisch sein. Laut. Unbequem. Und vor allem: entschlossen.
Im US-Bundesstaat Montana klagten Jugendliche erfolgreich gegen ihre Regierung, weil diese mit ihrer fossilen Energiepolitik gegen das Grundrecht auf eine gesunde Umwelt verstoße. Wer hätte gedacht, dass Teenager mit Rucksack und Argumenten Verfassungen bewegen können?
Wenn der Unterricht ausfällt, weil die Erde brennt
Klimawandel zerstört nicht nur Lebensräume – er zerstört auch Bildung. In Ostafrika fallen ganze Schuljahre aus, weil Hitzewellen das Lernen unmöglich machen oder Fluten Schulgebäude vernichten.
Kinder aus Südsudan und Somalia fordern längst nicht mehr nur Klimaschutz – sie fordern sichere Klassenzimmer, Trinkwasser, Strom.
Wer nicht zur Schule gehen kann, verliert mehr als Wissen. Er verliert seine Zukunft – und mit ihm eine ganze Gesellschaft ihre Hoffnung.
Ein Ruf nach Gerechtigkeit – über Generationen hinweg
Kinder, die heute geboren werden, erleben laut Forschung bis zu siebenmal mehr Extremwetterereignisse als Menschen, die 1960 geboren wurden. Und das ist kein Zufall, sondern das Resultat jahrzehntelanger Untätigkeit.
Der Begriff dafür: intergenerationale Gerechtigkeit. Die Idee, dass jede Generation das Recht auf ein Leben in Würde, Sicherheit und Gesundheit hat – und die Pflicht, dies auch für die nächsten zu erhalten.
Aber mal ehrlich: Handeln wir wirklich so?
Zwischen Zorn und Zuversicht: Wie geht es weiter?
Manche Erwachsene reagieren genervt auf Klimaproteste. „Die sollen lieber zur Schule gehen“, heißt es dann. Doch was bringt Schule, wenn das Gelernte in einer Welt ohne Planeten keine Anwendung mehr findet?
Und ja, junge Menschen sind wütend. Zurecht. Aber sie sind auch kreativ, solidarisch, engagiert. Sie bauen Solaranlagen auf Dächern, organisieren Clean-ups in Flussbetten, programmieren Klimaspiele für den Unterricht. Sie reden nicht nur – sie handeln.
Vielleicht sollten wir weniger darüber reden, was die Jugend lernen muss – und mehr darüber, was wir von ihr lernen können.
Von Andreas M. B.