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Es klingt erst mal wie eine Erfolgsgeschichte: 1,7 Millionen verkaufte E-Autos im März 2025 – ein Plus von fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders China und Europa geben ordentlich Gas. Klingt, als wären wir auf dem richtigen Weg, oder?

Aber Moment mal: Ist das wirklich so?

Die Elektromobilität wächst rasant, keine Frage. Doch der Schein trügt. Wer genauer hinschaut, erkennt schnell – der Umstieg auf Elektroautos allein wird den Klimawandel nicht stoppen.


Wenn der Auspuff verschwindet, aber der Schornstein raucht

Ein Elektroauto hat keinen Auspuff. Das fühlt sich erst mal sauber an. Aber woher kommt der Strom? Aus der Steckdose, klar – aber was steckt dahinter?

Genau hier liegt das Problem.

In vielen Ländern stammt ein Großteil des Stroms immer noch aus Kohle, Öl oder Gas. Und das heißt: Auch wenn das Auto selbst keine Abgase ausstößt, entsteht CO₂ bei der Stromerzeugung. Besonders in Ländern mit einem fossilen Strommix kann ein E-Auto am Ende sogar mehr Emissionen verursachen als ein sparsamer Verbrenner.

Eine Studie der Universitäten Auckland und Xiamen bringt es auf den Punkt: Ohne eine saubere Stromversorgung bringt der Wechsel auf E-Mobilität unterm Strich wenig. Oder anders gesagt: Wir tauschen das Problem nur aus – Auspuff gegen Kraftwerksschlot.


1,8 Milliarden Tonnen CO₂ – ein schönes Ziel, aber …

Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht in Elektroautos dennoch ein gewaltiges Potenzial. Bis 2035 könnten sie weltweit 1,8 Gigatonnen CO₂ einsparen – vorausgesetzt, der Strom wird grün. Ohne Dekarbonisierung verpufft der Effekt.

Die gute Nachricht? Es gibt Fortschritte bei Wind- und Solarenergie. Die schlechte? Sie reichen bei Weitem nicht aus, um den weltweit steigenden Strombedarf zu decken – vor allem nicht bei der gleichzeitigen Elektrifizierung von Autos, Heizungen und Industrie.

Klingt nach einem Dilemma? Ist es auch.


SUVs – der Klimakiller im E-Auto-Kostüm

Noch so ein Thema, über das kaum jemand gern spricht: die SUV-Flut.

Auch im Elektrosegment greifen viele lieber zum „dicken Brummer“. Die Folge? Schwerere Fahrzeuge, größere Batterien, höherer Stromverbrauch – und damit auch höhere Emissionen bei Herstellung und Betrieb. Laut IEA erzeugten SUVs im Jahr 2022 fast eine Milliarde Tonnen CO₂. Nur mal zum Vergleich: Ganz Deutschland emittiert weniger.

Elektrische SUVs sind also kein Freifahrtschein fürs gute Gewissen – eher ein klimatischer Bumerang.


Batterien: Der Schatten der E-Mobilität

Man kann über die Vorteile von Elektroautos reden – aber an den Batterien kommt niemand vorbei.

Die Produktion ist aufwendig. Sie braucht viel Energie. Und die Rohstoffe – Lithium, Kobalt, Nickel – stammen oft aus Ländern, in denen Umwelt- und Sozialstandards eher Wunsch als Wirklichkeit sind. In der Demokratischen Republik Kongo schuften Kinder in Kobaltminen. In Indonesien zerstört Nickelabbau ganze Ökosysteme.

Laut MIT-Studien entstehen beim Bau einer Batterie durchschnittlich 6,4 bis 6,9 Kilo CO₂ pro Kilowattstunde – das läppert sich. Und ohne ein funktionierendes Recycling landet irgendwann ein neuer Müllberg auf dem Planeten.


Und trotzdem: Chancen gibt’s zuhauf

Jetzt aber nicht den Kopf hängen lassen – denn E-Mobilität hat auch ihre hellen Seiten.

Weniger Lärm, bessere Luft, neue Jobs in der grünen Industrie – das alles ist real. Besonders in Städten macht sich der Umstieg schon jetzt bemerkbar. Weniger Feinstaub, weniger Stickoxide, mehr Platz für Menschen statt für Autos.

Doch der Weg in eine wirklich klimafreundliche Zukunft führt nicht allein über ein neues Auto – sondern über ein neues Mobilitätsverständnis.


Was jetzt zu tun ist – und zwar schnell

Vier Dinge braucht es, damit die Elektromobilität nicht zur Mogelpackung wird:

  1. Sauberer Strom – und zwar überall. Der Strommix muss sich radikal ändern. Solar, Wind, Wasserkraft – wir brauchen alles, was CO₂-frei ist. Nur dann machen E-Autos wirklich Sinn.
  2. Klein denken – im besten Sinne. Warum muss es immer ein Auto sein? E-Bikes, Carsharing, Bus und Bahn sind oft die bessere Lösung. Und kleinere Fahrzeuge verbrauchen weniger – ganz einfach.
  3. Lieferketten offenlegen. Initiativen wie Volvos „EV-Pass“ zeigen, wie’s gehen kann: transparente Herkunft, klarer CO₂-Fußabdruck, faire Bedingungen beim Rohstoffabbau.
  4. Global denken, gemeinsam handeln. Umweltstandards, Recyclingstrategien, Innovationsförderung – hier braucht’s internationale Zusammenarbeit. Ein Flickenteppich bringt niemanden weiter.

Mobilität neu denken – oder weiter im Stau der Klimakrise stehen

Was also tun?

Weiter blind auf E-Autos setzen – oder das Thema ganzheitlich angehen? Denn am Ende geht es nicht nur um Technik, sondern um Lebensstil, Gerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit.

Ein Umstieg auf E-Mobilität ist ein Schritt. Aber eben nur einer. Die große Wende kommt erst, wenn wir unser gesamtes Mobilitätsverhalten hinterfragen. Wenn der Weg zur Arbeit auch mal ohne Auto funktioniert. Wenn der Wochenendtrip mit dem Zug statt mit dem SUV passiert. Wenn weniger manchmal wirklich mehr ist.

Denn die große Frage bleibt: Wollen wir einfach neue Autos – oder wollen wir echte Veränderung?

Von Andreas M. B.