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Die Bilder aus Kentucky brennen sich ein: Im Juli 2022 rauschten Fluten durch enge Täler, rissen Häuser mit, kosteten 45 Menschen das Leben. Und das war erst der Anfang. Seither scheint es, als ob der Bundesstaat in einer Endlosschleife von Katastrophen gefangen ist – ein unaufhörlicher Sturm, der kleine Gemeinden zermürbt.

Doch während die Natur zuschlägt, zieht sich Washington zurück.


Ein Schutzschild wird eingerissen

FEMA – die Bundesbehörde für Katastrophenschutz – war jahrzehntelang das Sicherheitsnetz der USA, wenn Stürme, Feuer oder Fluten ganze Landstriche verwüsteten. Unter Donald Trump steht dieses Netz jetzt auf der Kippe.

Ein internes Memo, das der Washington Post vorliegt, zeigt: Das erfolgreiche BRIC-Programm (Building Resilient Infrastructure and Communities), das seit 2020 über 5 Milliarden Dollar für präventiven Katastrophenschutz bereitgestellt hat, wird gestoppt. Bereits bewilligte, aber noch nicht ausgezahlte Gelder sollen zurückgefordert werden. Geht’s noch?


Weniger Geld. Weniger Sicherheit.

Ein Beispiel: Kentucky hatte über 7 Millionen Dollar erhalten, um Stromleitungen zu sichern und risikobehaftete Häuser hochwassersicher zu machen. Jetzt: Stillstand. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Trump plant, FEMA zu zerschlagen und die Verantwortung für Katastrophenhilfe vollständig auf die Bundesstaaten zu übertragen. Ohne Rücksicht darauf, ob diese dafür gerüstet sind – und die meisten sind es nicht.


„Wir werden immer wieder getroffen.“

Kristin Walker Collins von der Foundation for Appalachian Kentucky bringt es auf den Punkt: „Unsere Familien leiden. Unsere Unternehmen werden immer wieder getroffen.“ Seit 2022 ist ihr Bundesstaat dreimal von schweren Überflutungen heimgesucht worden. Allein im vergangenen Jahr starben erneut 24 Menschen. Und während die Katastrophen zunehmen, fließen die Hilfen spärlicher.


Ein tödliches Rechenspiel

Klar, Katastrophenschutz kostet Geld. Aber nichts ist teurer als das Wiederaufbauen. Studien zeigen, dass jeder Dollar in Prävention ein Vielfaches an Reparaturkosten spart. Trotzdem will die Trump-Administration sparen – an der falschen Stelle.

Einige sehen darin gar eine bewusste Sabotage: Eine FEMA-Sprecherin nannte BRIC ein „ineffektives Programm“, das sich „mehr um den Klimawandel als um Amerikaner“ gekümmert habe. Ernsthaft?


Wenn die Lichter ausgehen

In North Dakota hängen 89 Prozent des Katastrophenschutz-Budgets an Bundesgeldern. In Wyoming sind es 92 Prozent. Kürzt man diese Mittel, stehen ganze Abteilungen vor der Schließung. Mitarbeiter müssten entlassen, Einsatzpläne gestrichen werden.

Erica Bornemann, langjährige Krisenmanagerin in Vermont, warnt: „Kleine Staaten haben keine Rücklagen. Sie brauchen Jahre, um Kapazitäten aufzubauen – und die nächste Katastrophe wartet nicht.“


Ein Desaster droht – auf politischer Ebene

Wenn FEMA fällt, werden Bundesstaaten gezwungen, über eigene Budgets zu streiten – mitten im Notfall. Wer bekommt Hilfe? Wer nicht? Ein Flickenteppich der Ungleichheit droht.


Millionen blockiert, Hilfsprojekte gestoppt

Seit Januar 2025 sind Millionen Dollar an FEMA-Geldern eingefroren – trotz richterlicher Anordnung zur Auszahlung. Mindestens 19 Bundesstaaten, darunter Katastrophen-Hotspots wie Kalifornien, Hawaii und North Carolina, hängen in der Warteschleife.

Der jüngste Richterspruch? Die Regierung hat gegen das Gesetz verstoßen. Trotzdem bleibt das Geld blockiert.


237 Milliarden Dollar Hilfe – ein System mit Schwächen

Seit 2003 hat FEMA 150 Milliarden Dollar nach Naturkatastrophen verteilt, weitere 87 Milliarden während der Corona-Pandemie. Kalifornien, Florida und New York bekamen Milliardenhilfen. Puerto Rico erhielt 46 Milliarden nach Hurrikan Maria.

Aber: Die Auszahlungen dauern. Wochen, manchmal Monate. Oft nach zermürbenden Antragsprozessen und Ablehnungen. Manche Staaten verlassen sich zu stark auf FEMA – ohne eigene Vorsorge zu betreiben.

Mark Ghilarducci, ehemaliger Notfallchef Kaliforniens, bringt es drastisch auf den Punkt: „FEMA ist für einige Staaten der einfachste Weg. Aber wenn sie selbst nichts investieren, warum sollte es dann der Bund tun?“


Was, wenn nichts mehr kommt?

North Dakota hat eine Notfallrücklage von knapp 25 Millionen Dollar. Reicht das bei einem Großereignis? Wohl kaum. Und in Kentucky? Dort verteilt man dieses Jahr gerade mal zwei Millionen an Hilfszahlungen – 2022 waren es noch 15 Millionen.

Die Spendenbereitschaft sinkt, die Katastrophen bleiben.


Zwei Fragen, die bleiben

Werden wir erst handeln, wenn es gar nicht mehr anders geht? Oder erkennen wir endlich, dass Prävention nicht nur menschlich, sondern auch wirtschaftlich vernünftig ist?


Die USA brauchen FEMA – vielleicht mehr denn je

Der Klimawandel kennt keine politische Agenda. Er schickt seine Botschaften mit Wind und Wasser – laut, unübersehbar. FEMA war nie perfekt, doch es war ein Bollwerk gegen das Schlimmste. Dieses jetzt abzubauen, wäre wie die Feuerwehr zu schließen, weil gerade kein Feuer brennt.

Es geht nicht nur um Zahlen. Es geht um Menschen. Häuser. Leben.

Und um die Erkenntnis, dass man ein Dach am besten repariert, bevor der Sturm kommt.

Autor: MAB