14) Klimawandel: Szenarien einer einer ungewissen Zukunft

Nachdem wir in unseren früheren Artikeln die zugrunde liegende Funktionsweise des Klimasystems besprochen und die aktuellen Klimamodelle kurz angesprochen haben (ein detaillierte Erklärung der verschiedenen Modelle wäre leider zu akademisch ausgefallen und hätte unseren Rahmen sicherlich gesprengt), wenden wir uns heute den Prognosen über den künftigen Klimawandel zu.

Wie wird sich die Erde erwärmen? Verschiedene Szenarien sind denkbar.

Bevor man die vom Menschen verursachten Klimaänderungen prognostizieren kann, sollten wir uns zunächst verschiedene logische Szenarien für das künftige menschliche Verhalten und die daraus resultierenden Treibhausgasemissionen als Grundlage nehmen.

Was sind Szenarien? In diesem Fall sind es plausible Annahmen künftiger menschlicher Aktivitäten und deren Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen. Und da gibt es eine Reihe von Möglichkeiten.

Allerdings wollen wir hier das sprichwörtliche Rad nicht neu erfinden und stützen uns auf Szenarien der IPCC-Berichte seit 2014.

Die ersten vier Bewertungsberichte des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) verwendeten vorher schon eine Reihe von Szenarien, die sogenannten SRES-Szenarien (Special Report on Emissions Scenarios). Diese berücksichtigten bereits unterschiedliche Annahmen über Faktoren wie Bevölkerungswachstum, technologische Entwicklung, Globalisierung und gesellschaftliche Werte. Das Problem mit den SRES-Szenarien war jedoch, dass sie Versuche zur Stabilisierung oder Reduzierung der Emissionen selbst nicht berücksichtigen.

Die CO2-Sättigungskurven der RCP-Szenarien

Für den fünften Bewertungsbericht des IPCC aus dem Jahre 2014 wurde eine neue Reihe von Szenarien entwickelt, die als repräsentative Konzentrationspfade (Representative Concentration Pathway) oder einfach RCPs bezeichnet werden. Diese Pfade, zu denen RCP 2.6, RCP 4.5, RCP 6.0 und RCP 8 gehören und die nach ihrem Erwärmungseffekt im Jahr 2100 benannt sind, wurden von der wissenschaftlichen Gemeinschaft als repräsentative Szenarien ausgewählt und gelten als anerkannte Grundlagen der Vorhersagen.

Der Erwärmungseffekt wird in Watt pro Quadratmeter gemessen. Die Szenarien spiegeln eine Reihe von Annahmen wieder, angefangen bei einer starken Eindämmung der CO2-Emissionen (RCP 2.6), die darauf abzielt, die Erwärmung unter den gefährlichen 2 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitraum zu halten, bis hin zu einem “Business-as-usual”-Szenario (RCP 8.5), das bis zum Jahr 2100 zu einer Erwärmung des Planeten um 4 bis 5 Grad Celsius oder 7 bis 9 Grad Fahrenheit führt.

Vorhergesehene Änderung der Erdtemperatur je nach Berechnungsgrundlage (Szenario)

Die RCPs werden als Pfade bezeichnet, um zu betonen, dass sie nicht endgültig sind, sondern in sich konsistente, zeitabhängige Projektionen darstellen, die möglicherweise mit mehreren sozioökonomischen Szenarien realisiert werden könnten. Sie berücksichtigen Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und einer Begrenzung der CO2-Emissionen.

Die RCP-Szenarien sind nach dem Erwärmungseffekt im Vergleich zum vorindustriellen Zeitraum benannt, der entweder im Jahr 2100 oder bei einer Stabilisierung nach 2100 erreicht wird. Sie wurden mit integrierten Bewertungsmodellen erstellt, die Klima-, Wirtschafts-, Landnutzungs-, Bevölkerungs- und Energienutzungseffekte einbeziehen, deren Treibhausgaskonzentrationen dann mit Hilfe von Kohlenstoffkreislaufmodellen in einen Emissionspfad umgerechnet wurden.

Das besonders Besorgniserregende an den RCPs ist: Sie berechnen im positivsten Fall die Möglichkeit einer Begrenzung der Erwärmung auf etwa zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Erwärmungsniveau, was jedoch von vielen Wissenschaftlern, die die Auswirkungen des Klimawandels bewerten, schon als gefährlich eingestuft wird. Eine niedrigere Erwärmung wird schon nicht mehr als erreichbar angesehen. Dafür ist es zu spät.

Schauen wir uns jetzt die verschiedenen repräsentativen Konzentrationspfade (RCPs) einmal genauer an. Sie spiegeln unsere heutigen und künftigen Entscheidungen über die Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, über die Verringerung der Kohlenstoffemissionen und darüber, wie sehr wir uns für die Begrenzung des Klimawandels einsetzen, wieder.

Unterschiede in der Erwärmung und den Niederschlägen zwischen RCP 2.6 und RCP 8.5

Das RCP 2.6-Szenario ist ein Szenario, das die CO2-Konzentration in der Atmosphäre grob auf etwa 450 Teile pro Million (450 ppm) begrenzt. Heute liegen wir schon bei fast 410 Teilen pro Million CO2 in der Atmosphäre. Es bleibt uns also nicht mehr viel Spielraum übrig, wenn wir den CO2-Gehalt unter 450 ppm halten wollen. In diesem Szenario erreicht der Erwärmungseffekt einen Spitzenwert von etwa 3 Watt pro Quadratmeter, bevor er im Jahr 2100 wieder auf 2,6 Watt pro Quadratmeter sinkt. Aber Achtung: Das erfordert eine sofortige starke Abschwächung der Treibhausgasemissionen im 21 Jahrhundert!

Die Szenarien RCP 4.5 und RCP 6.0 stabilisieren sich nach 2100 bei 4,5 Watt pro Quadratmeter bzw. 6 Watt pro Quadratmeter.

Das RCP 8.5-Szenario kommt einem Business-as-usual-Szenario für die Nutzung fossiler Brennstoffe am nächsten. Mit anderen Worten: Wenn wir nichts unternehmen, um die Verbrennung fossiler Brennstoffe bis zum Ende des 21. Jahrhunderts drastisch einzuschränken, steigt der CO2-Gehalt auf das Dreifache des vorindustriellen Niveaus.

Entwicklung der Erderwärmung in Watt pro Quadratmeter

Im Szenario RCP 8.5, dem Business-as-usual-Szenario, steigt die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf vier bis fünf Grad Celsius an. Dieses Szenario hat sich in den letzten 10 bis 20 Jahren am ehesten bewahrheitet.

Im Jahr 2018 hat der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen einen Sonderbericht veröffentlicht, in dem er sich speziell mit den Zielen von 1,5 Grad Celsius und 2 Grad Celsius Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit befasst. Dies sind bereits Erwärmungswerte, die nach Ansicht vieler Wissenschaftler eine gefährliche Beeinflussung unseres Klimas durch den Menschen darstellen.

Der IPCC-Bericht kommt zu folgendem Schluss: Es wird geschätzt, dass menschliche Aktivitäten bereits heute eine globale Erwärmung von etwa 1 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau verursacht haben, mit einer wahrscheinlichen Spanne von 0,8 Grad Celsius bis 1,2 Grad Celsius, da die Beobachtungen mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. In dem Bericht heißt es, dass die globale Erwärmung zwischen 2030 und 2052 wahrscheinlich mindestens eineinhalb Grad Celsius erreichen wird, wenn sie weiterhin mit der derzeitigen Geschwindigkeit zunimmt.

Allerdings haben einige Wissenschaftler den IPCC-Bericht als zu konservativ kritisiert und argumentieren, dass die zu Grunde gelegten Annahmen tatsächlich zu einer Erwärmung von mehr als 2 Grad Celsius bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts führen werden.

Und jetzt sollten wir uns daran erinnern, was wir schon in einem früheren Artikel festgestellt haben: Eine Erwärmung der Erdoberfläche und der Ozeane um nur 1 Grad Celsius erhöht die Wahrscheinlichkeit von Stürmen und Starkregen um 7% und deren Zerstörungskraft um etwa 23%.

Frühjahr 2021: Hagelsturm in den Vogesen.

Wenn wir diese gefährliche Tendenz stoppen wollen, dann bleibt uns keine andere Möglichkeit, als die CO2-Emissionen sofort und drastisch zu reduzieren. Denn der Zug ist schon fast abgefahren – jedenfalls bewegt er sich schon. Und den kurzsichtigen Argumenten, dies sei alles zu teuer für unsere Gesellschaft (wer soll das bezahlen?) muss man entgegenhalten, dass die Kosten der zu erwartenden Zerstörungen und Schäden um ein Vielfaches höher sein werden als die Kosten der Umstellung. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass bisher jede Umstellung in der Industrie und Wirtschaft grosse Chancen für neue Gewinne im Gepäck hatte.

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