Kaum jemand will’s hören, aber die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die kommenden fünf Jahre könnten die heißesten der Menschheitsgeschichte werden – mit allem, was dazugehört. Hitzerekorde, Dürren, Fluten, Waldbrände. Und ein Klima, das beginnt, sich unserer Kontrolle zu entziehen.
Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) prognostiziert mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 %, dass die globale Durchschnittstemperatur im Zeitraum 2025–2029 um mehr als 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau liegen wird.
Der Countdown läuft
80 Prozent. So hoch ist laut neuesten Klimamodellen die Wahrscheinlichkeit, dass bis 2029 mindestens ein neues globales Hitzerekordjahr gemessen wird. Und die 1,5-Grad-Marke? Auch hier liegen die Chancen bei über 85 Prozent, dass wir sie in mindestens einem dieser Jahre durchbrechen.
Was früher als Worst-Case galt, wird jetzt zur realistischen Option.
1,5 Grad – mehr als nur eine Zahl
Warum ist diese Grenze so entscheidend?
Weil sie nicht nur ein Symbol ist, sondern eine Schwelle mit handfesten Folgen. Jenseits dieser Marke steigt die Gefahr für extreme Wetterphänomene exponentiell: Hitzewellen, wie wir sie 2023 gesehen haben, könnten zur neuen Normalität werden. Ernten könnten wiederholt ausfallen, Menschen ihr Zuhause verlieren – durch Wasser, Wind oder Feuer.
Und das Schlimmste: Einige Kipppunkte im Erd- Klimasystem könnten irreversibel erreicht werden.
2 Grad – kaum zu glauben, aber nicht unmöglich
Ein Detail der aktuellen Prognose sorgt für Aufsehen: Erstmals taucht in den Szenarien eine – zugegeben geringe – Wahrscheinlichkeit von rund 1 Prozent auf, dass wir schon vor 2030 ein Jahr mit über 2 Grad globaler Erwärmung erleben.
Moment mal – war das nicht ein absolutes No-Go?
Doch, war es. Und trotzdem ist es jetzt als reale Möglichkeit im Spiel. Grund: mehrere extrem verstärkende Faktoren könnten zusammenwirken – darunter ein starker El Niño und ungewöhnliche Strömungsmuster im Nordatlantik. Die Tatsache, dass solche Szenarien überhaupt berechnet werden, zeigt, wie rasant sich das Klimasystem verändert.
Die Erde erwärmt sich nicht gleichmäßig
Ein kurzer Blick auf die Karte offenbart: Manche Regionen geraten deutlich schneller unter Druck als andere.
- Arktis: Dort steigen die Wintertemperaturen im Schnitt 3,5-mal schneller als weltweit. Der Rückgang der Eisdecke verstärkt die Erwärmung – ein Teufelskreis, den niemand aufhalten kann, wenn er erstmal richtig läuft.
- Amazonas: Die grüne Lunge des Planeten trocknet aus. Mehr Dürre, weniger Regen, mehr Waldbrände – und das alles bei gleichzeitigem Biodiversitätsverlust.
- Europa, Südasien, Sahel: Diese Regionen könnten sich auf deutlich intensivere Regenperioden einstellen. Mehr Überschwemmungen, mehr Schäden, mehr menschliches Leid.
Klimakrise = Ungerechtigkeitskrise
Wem hilft es, wenn in Norwegen neue Gletscherlehrpfade entstehen, während Bangladesch versinkt?
Der Klimawandel trifft nicht alle gleich. Wer wenig hat, trägt oft die größte Last. Deshalb muss Klimaschutz immer auch sozial gedacht werden – global wie lokal. Anpassungsstrategien, die Menschen mitnehmen statt sie zurückzulassen, sind keine Option, sondern Pflicht.
Und genau hier braucht es mehr – viel mehr – Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.
Gibt’s noch Hoffnung?
Klar – aber nur, wenn wir das Steuer jetzt herumreißen. Und zwar mit Tempo.
Technologie spielt dabei eine zentrale Rolle: Von Wind- und Solarenergie über Speichersysteme bis hin zu intelligenten Klimamodellen – wir haben das Wissen. Und die Mittel. Was fehlt, ist oft nur der Wille.
Und mal ehrlich: Wollen wir wirklich abwarten, bis uns das Wasser im Wohnzimmer steht?
Ein bisschen persönlicher
Ich bin jetzt schon jahrelang im Thema – habe über den Permafrost geschrieben, über Klimaklagen, über brennende Wälder und steigende Meere. Und manchmal frage ich mich wirklich, wie oft man dieselben Warnungen noch schreiben muss, bevor sie gehört werden.
Aber dann sehe ich auch: Schülerstreiks, Städte, die autofrei werden, Unternehmen, die Verantwortung übernehmen. Es bewegt sich was. Noch zu langsam, klar. Aber es tut sich was.
Und solange das so ist, schreibe ich weiter.
Von Andreas M. B.