„Was bringt uns die Zukunft?“ – eine Frage, so alt wie die Menschheit. Früher war’s die Kristallkugel, heute ist’s der Supercomputer. Und was früher Orakel murmelten, können heute mathematische Modelle mit bemerkenswerter Präzision berechnen.
Willkommen im dritten Teil unserer Klimawandel-Serie. Heute geht’s um das, was morgen passieren könnte – basierend auf dem, was wir heute wissen.
Vergangenheit ist Fakt – Zukunft ist Modell
Bis hierhin haben wir gesehen, dass sich das Klima verändert. Die Erde wird wärmer. Der Meeresspiegel steigt. Stürme werden heftiger, Dürren häufiger.
Aber: Wie genau wird sich das alles entwickeln? Wo werden Starkregenfälle zunehmen? Wo wird es trockener? Und wie warm wird es tatsächlich?
Antworten darauf liefern uns nicht Beobachtungen, sondern Modelle – mathematische Simulationen, die das komplexe Klimasystem der Erde auf Millionen von Zeilen Code herunterbrechen.
Vom simplen Taschenrechner zur digitalen Weltkugel
Die einfachsten Klimamodelle basieren auf der Energiebilanz der Erde: Wie viel Sonnenlicht kommt rein, wie viel Wärmestrahlung geht raus? Solche Modelle – die sogenannten 0D-Energiebilanzmodelle – eignen sich, um grob zu zeigen, wie viel wärmer es global bei einer bestimmten CO₂-Konzentration werden könnte.
Aber wenn du wissen willst, ob es in Berlin mehr regnet, in Kalifornien noch mehr brennt oder in Bangladesch bald Land unter ist – dann brauchst du komplexere Modelle.
Globale gekoppelte Klimamodelle – die Königsklasse
Hier kommt der High-End-Stoff: globale gekoppelte Klimamodelle (GCMs). Stell dir vor, die Erde wird in Millionen kleine „Boxen“ aufgeteilt. Für jede dieser Boxen berechnet das Modell:
- Lufttemperatur
- Meeresströmungen
- Windrichtungen
- Feuchtigkeitsgehalt
- Vegetationsbedeckung
- Wechselwirkungen mit dem Ozean, der Atmosphäre, der Landoberfläche, der Kryosphäre und sogar der Biosphäre
Das Ergebnis: Ein hochdetailliertes Bild davon, wie sich unser Klima unter verschiedenen Bedingungen entwickeln könnte.
Und warum sind diese Modelle so wichtig?
Ganz einfach: Weil sie uns zeigen, welche Zukunft uns bei welchem Verhalten erwartet. Wenn wir heute unsere Emissionen drastisch senken – was passiert dann? Und was, wenn wir weitermachen wie bisher?
Die Modelle beantworten genau solche Fragen – mit erschreckender Klarheit.
„Aber können die Modelle überhaupt die Vergangenheit richtig berechnen?“
Sehr gute Frage. Und ja – genau das testen die Wissenschaftler auch.
Die besten Klimamodelle können Eiszeiten simulieren. Oder das Klima zur Zeit der Dinosaurier, als CO₂-Konzentrationen viel höher waren. Und siehe da: Sie stimmen mit dem überein, was geologische Daten zeigen.
Wenn ein Modell also die Vergangenheit korrekt abbilden kann – dann steigen die Chancen, dass es auch die Zukunft zuverlässig beschreibt.
Klimamodelle retten Leben – wirklich jetzt!
Beispiel gefällig?
Hurrikan Ida, der 2021 auf Louisiana traf, war stärker als Katrina – der Sturm, der New Orleans 2005 verwüstete. Doch die Schäden waren deutlich geringer. Warum?
Weil Behörden und Stadtplaner auf Klimamodelle gesetzt haben, die verschiedene Szenarien durchspielten. Sie wussten, was möglich ist. Und sie haben entsprechend gehandelt.
Das ist kein Zufall. Das ist Wissenschaft in Aktion.
Was können Modelle konkret vorhersagen?
- Wie stark sich die Erde bei verschiedenen Emissionsszenarien erwärmt
- Wo Extremwetter häufiger wird
- Wie sich Meeresströmungen verändern
- Wie sich Niederschlagsmuster verschieben
- Wo Küsten geschützt, Felder umgestellt oder Städte angepasst werden müssen
Kurz: Modelle helfen uns, vorbereitet zu sein.
Keine Hellseherei – sondern handfeste Mathematik
Und nein, das ist nicht wie Kaffeesatzlesen. Es ist Physik. Chemie. Biologie. Gekoppelt in riesigen Rechenzentren auf Supercomputern, die Milliarden Berechnungen pro Sekunde durchführen.
Natürlich gibt es Unsicherheiten. Kein Modell ist perfekt. Aber: Die Richtung ist eindeutig. Die Details mögen variieren – aber der Trend ist klar.
Ein Werkzeugkasten für die Zukunft
Klimamodelle sind nicht dazu da, Angst zu machen. Sie sind da, um Weichen zu stellen. Für Politik. Für Städtebau. Für Landwirtschaft. Für uns alle.
Sie zeigen uns, was möglich ist – und was nötig wird, wenn wir nicht handeln.
Wäre es nicht beruhigend, wenn wir die Zukunft nicht erahnen müssten – sondern sie verstehen könnten?
Genau das ist der Zweck dieser Modelle. Kein Orakel. Kein Bauchgefühl. Sondern fundierte Wissenschaft – im Dienst der Menschheit.
Und hier noch einige Links für Neugierige:
National Oceanic and Atmospheric Administration. (n.d.). Climate Models. Retrieved from climate.gov: https://www.climate.gov/maps-data/primer/climate-models
McSweeney, R., & Hausfather, Z. (2018, January 15). Q&A: How do climate models work? Retrieved from Carbon Brief: https://www.carbonbrief.org/qa-how-do-climate-models-work
Australian Government Department for Environment. (n.d.). Climate Sensitivity Fact Sheet. Retrieved from environment.gov.au: https://www.environment.gov.au/system/files/resources/d3a8654f-e1f1-4d3f-85a1-4c2d5f354047/files/factsheetclimatesensitivitycsiro-bureau.pdf