Wir beginnen unsere große Artikelserie mit zwei Schlüsselfragen:
Was ist der Unterschied zwischen Wetter und Klima? Und was hat ein Hockey-Schläger mit dem Klima zu tun?

Nun, wie Mark Twain es formuliert haben soll:
Klima ist das, was man erwartet, Wetter ist das, was man bekommt.
Klima ist der statistische Durchschnitt des Wetters über längere Zeiträume, und das
Klima beinhaltet das Verhalten des gesamten komplexen Systems der Erde, die
Kopplung von Ozean und Atmosphäre und den Eisschilden und der Biosphäre, dem Leben auf der Erde.

Das Verhalten des Klimasystems variiert im Laufe der Zeit aus natürlichen Gründen, zum Beispiel sind El-Niño-Jahre tendenziell feuchter im Winter in Kalifornien und schneereicher im Südosten der USA.
Wenn sich das sich das Klima immer ändert, wird dann der Klimawandel per Definition immer stattfinden?
Irgendwie ja und irgendwie nein. Als Beispiel werfen wir einen Blick auf die Kreidezeit.

Vor einhundert Millionen Jahren, als die Dinosaurier auf der Erde lebten, war es wärmer als es heute ist und es gab damals kein Eis an den Polen.
Und was ist der Grund, dass die Erde zu dieser Zeit wärmer war?
Einen Hinweis darauf gibt diese Darstellung, wie die Erde während des Zeitalters der Dinosaurier ausgesehen haben könnte. und warum die frühe Kreidezeit so warm war:

Wenn Sie bei diesem Bild an Vulkanausbrüche gedacht haben, dann hatten Sie recht. Vulkanausbrüche sind ein natürlicher Faktor, der das Klima der Erde beeinflusst und schon immer beeinflusst hat. Über kürzere Zeiträume hinweg können sie das Klima tatsächlich zunächst abkühlen, indem sie Partikel in die Atmosphäre pumpen, die die Sonne für einige Jahre blockieren, aber über längere Zeiträume hinweg spielen sie eine andere Rolle: Vulkanausbrüche pumpen grosse mengen Kohlendioxid (Co2) in die Atmosphäre und verstärken damit den Treibhauseffekt.
In der erdgeschichtlichen Vergangenheit kam es aufgrund des Einflusses von Naturkräften, wie diesen Vulkanausbrüchen, zu Veränderungen des Klimas, die sich jedoch über einenZeitraum von Dutzenden von Millionen von Jahren hinzogen.
Wenn aber der Klimawandel doch ein natürlicher Vorgang ist, warum sollten wir uns dann solche Sorgen um den Klimawandel machen, der heute stattfindet?
Achtung, hier gibt es ein wichtiges Missverständnis: Viele glauben, die Bedrohung durch den Klimawandel habe mit der absoluten Erwärmung der Erde zu tun. Das ist nicht unbedingt der Fall, es ist vielmehr die Geschwindigkeit der Veränderung, die die Wissenschaftler beunruhigt.
Wie schnell verändert sich das Klima heute? Ändert es sich mit einer Geschwindigkeit, an die wir uns anpassen können, die wir verkraften können? Die es auch anderen Lebewesen ermöglicht, damit zurechtzukommen? Das ist die eigentliche Frage, und sie wird von einer Grafik beantwortet, die der Klimawissenschaftler Michael E. Mann vor etwa zwei Jahrzehnten veröffentlicht hat, dem sogenannten Hockey-Schläger:

Um zu rekonstruieren, wie sich das Klima in der ferneren Vergangenheit verändert hat, als noch vor den etwa 100 bis 150 Jahren, in denen wir umfassende historische Messungen von Klimavariablen haben, müssen wir uns an sogenannte Klima-Proxy-Daten halten.
Klima-Proxy-Daten sind Dinge wie Baumringe und Korallen, Eiskerne und Seesedimente. Natürliche Archive in unserer Umwelt also, die uns etwas darüber sagen können, wie sich das Klima in der fernen Vergangenheit verändert hat. Und indem wir die Informationen aus solchen natürlichen Archiven auf der ganzen Welt kombinieren, können wir uns ein Bild davon machen, wie sich im Vergleich dazu das Klima in der jüngeren Vergangenheit verändert hat.

Vor etwa zwei Jahrzehnten veröffentlichten der Klimaforscher Michael E. Mann und seine Koautoren Raymond S. Bradley und Malcolm K. Hughes eine Studie in der Zeitschrift Nature, und ein Jahr später eine Folgestudie in der Zeitschrift Geophysical Research Letters, in der sie solche indirekten Klima-Proxy-Daten verwendeten, um globale Temperaturmuster über die letzten tausend Jahre zu rekonstruieren. Und am Ende erlaubten die Daten, eine Kurve zu definieren, die die Durchschnittstemperatur unseres Planeten darstellt, speziell der gesamten nördlichen Hemisphäre. Die Kurve zeigt relativ warme Bedingungen vor etwa 1.000 Jahren während der so genannten mittelalterlichen Warmzeit, und eine langsame Abkühlung als wir in die “Kleine Eiszeit” des 17., 18. und 19. Jahrhunderts gerieten. Und dann kommt die sogenannte Industrielle Revolution in den letzten zwei Jahrhunderten und die Temperaturen steigen plötzlich sprunghaft an. Dieser Anstieg ist über die Länge der vergangenen 1.000 Jahre gesehen beispiellos.
Man muss nicht die komplexe Funktionsweise des Klimasystems der Erde verstehen, um zu begreifen, was uns das sagt: Nämlich dass sich etwa seit den 50iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts etwas Tiefgreifendes in unserem Klima abspielt und dass dies wahrscheinlich mit uns zu tun hat, mit dem Effekt, den wir Menschen auf den Planeten haben indem wir fossile Brennstoffe verbrennen und die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre erhöhen.
So wurde der Hockeystick zu einem Symbol in der Debatte um den Klimawandel, weil er eine einfache Geschichte erzählt, die eigentlich jeder Mensch verstehen können sollte, eine Geschichte über die tiefgreifenden Auswirkungen, die unsere Handlungen auf unseren Planeten haben.
Seither gibt es nicht nur einen einfachen Hockeystick. Inzwischen gibt es eine wahre Hockey-Liga, das heißt, es gibt viele Rekonstruktionen dieser Art von den Temperatur-Daten vergangener Zeiten, die von verschiedenen Teams von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt mit unterschiedlichen Daten und Methoden durchgeführt wurden.
Aber tatsächlich kommen sie alle zu dem gleichen Ergebnis, nämlich, dass die jüngste Erwärmung in tausenden von Jahren kein Beispiel findet.

Der nächste Artikel unsere grossen Serie über den Klimawandel wird am Mittwoch erscheinen und den Titel tragen: Klimasystem und Atmophäre – wie hängt das eigentlich zusammen?