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Sie kommen still. Ohne Blitz, ohne Donner. Kein dramatisches Naturereignis, kein spektakuläres Medienspektakel. Und doch ist ihre Wirkung gewaltig: Hitze und Dürre schleichen sich über Felder, breiten sich aus – und vernichten, was Generationen zuvor aufgebaut haben. In Frankreich, China, Griechenland. Weltweit.

Es ist die stille Krise auf unseren Tellern.

Die globale Ernte schwindet – und kaum jemand merkt’s

Laut einer neuen Studie der Stanford University sind die Erträge von Weizen, Mais und Gerste weltweit bereits um 4 bis 13 % gesunken – nicht trotz, sondern wegen des Klimawandels. Und das, obwohl mehr CO₂ in der Luft theoretisch das Pflanzenwachstum fördern könnte. Doch die Realität auf dem Acker ist härter: Hitzewellen, Wassermangel, gestörte Wachstumsphasen.

In China etwa, in der Provinz Henan – dem Brotkorb des Landes – steigen die Temperaturen im Mai über 35 Grad. Genau zur entscheidenden Kornbildungsphase beim Weizen. Ein schlechter Zeitpunkt, könnte man sagen. Ein Desaster, sagen die Bauern dort.

In Großbritannien war der Frühling 2025 der trockenste seit über 60 Jahren. März? Völlig verregnet. April? Staubtrocken. Frühzeitiges Bewässern wird zur Notmaßnahme – und die Stauseen? Schon jetzt auf Rekordtief.

Frankreich – einst Weinkeller Europas, nun am Limit

Jérôme Genty, Landwirt aus dem französischen Zentralmassiv, spricht Klartext: „Wir verlieren 30 bis 40 Prozent unserer Wintererträge.“ Und das ist kein Einzelfall. Überall im Land melden Winzer und Ackerbauern ähnliche Zahlen – ob bei Weizen, Aprikosen oder Rebstöcken.

Die Trockenheit schlägt erbarmungslos zu. Was früher als Ausnahme galt, ist heute oft die Regel. Und selbst wenn Regen fällt – dann oft als Starkregen, der nicht einsickert, sondern wegläuft.

Griechenland: Der Kastanienbaum stirbt zuerst

Im bergigen Zentralgriechenland wird die Kastanie bald Geschichte sein. Die Ernte 2024? 90 Prozent Verlust. Und das betrifft nicht nur einen Nischenmarkt. Die Dürre bedroht auch Kirschen, Äpfel, Walnüsse – Kulturen, die dort traditionell Einkommen sichern.

Die griechische Zentralbank warnte jüngst: Die Klimakrise könnte jährlich über 1 % des Bruttoinlandsprodukts vernichten. Und das ist nur der Anfang, wenn nichts geschieht.

Was bedeutet das für uns alle?

Kürzere Antwort: steigende Preise. Längere Antwort: unsichere Lieferketten, soziale Spannungen, Hunger.

Denn wenn mehrere große Anbaugebiete – sogenannte „breadbaskets“ – gleichzeitig ausfallen, gerät der globale Agrarhandel aus dem Takt. Schon jetzt treiben Ernteausfälle die Lebensmittelpreise weltweit nach oben. Besonders in Ländern des globalen Südens, wo der größte Teil des Einkommens fürs Essen draufgeht, kann das katastrophale Folgen haben.

Wer denkt, das betrifft nur ferne Länder, irrt gewaltig. Auch hierzulande steigen die Preise – schleichend, aber stetig. Brot, Gemüse, Öl – vieles wird teurer. Und das Klima? Dreht weiter auf.

Anpassung ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit

Können wir überhaupt noch gegensteuern? Ja. Aber es muss jetzt passieren – nicht irgendwann.

1. Neue Sorten, neue Wege
Züchtungen, die Hitze und Trockenheit trotzen. Bewässerungssysteme, die Wasser sparen. Und landwirtschaftliche Praktiken, die Böden gesund halten. All das ist bekannt – muss aber flächendeckend gefördert werden.

2. Wasser effizient nutzen
Vom Tropfschlauch bis zur digitalen Bewässerungssteuerung: Wer Wasser hat, muss damit haushalten. Der verschwenderische Umgang gehört ins Museum.

3. Bauern nicht alleine lassen
Versicherungen, Hilfsfonds, Beratung – Politik muss Landwirte in der Transformation begleiten, sonst gehen nicht nur Ernten verloren, sondern auch Existenzen.

4. Globale Solidarität leben
Klimawandel ist ein globales Phänomen – und nur globale Lösungen können helfen. Wissenstransfer, faire Handelsregeln, Klimagerechtigkeit: leere Worte helfen nicht, Taten schon.

Ein ganz persönlicher Blick in die Zukunft

Ich bin in einem Dorf groß geworden, wo der Mähdrescher jedes Jahr zur gleichen Zeit kam. Wo der Duft von Heu und die Farbe der Ähren den Sommer bestimmten. Heute erzählen mir Freunde vom Land, dass die Erntezeiten sich verschieben. Dass Regen zur falschen Zeit fällt. Dass sie Angst haben – nicht vor dem Wetter, sondern davor, dass niemand hinschaut.

Hitze ist kein abstraktes Thema. Dürre kein Problem der Anderen. Was heute auf einem französischen Acker vertrocknet, fehlt morgen auf deinem Teller.

Autor: MAB