Es begann, wie viele gute Gespräche, mit einem Glas Wein. Ein lauer Sommerabend, ein paar Freunde, ein Grill, und natürlich – Corona war mal wieder Thema. Aber dann kam es, das andere große Thema: „Sag mal, wie genau funktioniert eigentlich diese Erderwärmung?“
Einer meiner Freunde formulierte es so: „Wenn die Sonne die Erde aufheizt, dann muss sie sich doch auch wieder abkühlen können, oder? Oder bleibt die Wärme einfach hängen wie in einer dicken Jacke?“
Bäm. Da war sie, die große Frage. Und ehrlich – wie viele Leute können das aus dem Stegreif beantworten?
Die Erde ist kein Backofen – oder doch?
Nein, die Erde heizt sich nicht einfach auf, weil wir überall Heizstrahler aufstellen. Das Problem ist subtiler, unsichtbarer – aber nicht weniger gefährlich.
Die Sonne sendet Energie in Form von kurzwelliger Strahlung zur Erde. Diese Strahlung durchdringt die Atmosphäre weitgehend ungehindert. Ein Teil wird reflektiert – von Wolken, Luftpartikeln oder der hellen Oberfläche von Eis und Schnee. Ein anderer Teil wird absorbiert, vor allem von der Erdoberfläche – und dort beginnt der Kreislauf.
Denn die Erde wärmt sich dadurch auf – und versucht, diese Wärme wieder loszuwerden. Allerdings nicht als kurzwelliges Licht, sondern als langwellige Infrarotstrahlung. Diese Wärme ist unsichtbar, aber spürbar – wenn du zum Beispiel deine Hand über heißem Asphalt hältst, weißt du, was ich meine.
Ein Planet im Energieaustausch
Im Idealfall gilt: Was reinkommt, geht auch wieder raus.
Wissenschaftlich betrachtet treffen im Durchschnitt etwa 370 Watt pro Quadratmeter Sonnenenergie auf unseren Planeten – verteilt auf seine rotierende Kugelgestalt. Für die Einfachheit sagen wir: das sind 100 Einheiten.
Aber was passiert mit diesen 100 Einheiten?
- 23 davon werden sofort reflektiert – direkt zurück ins All.
- 19 Einheiten nimmt die Atmosphäre selbst auf.
- 4 bleiben an den Wolken hängen.
Bleiben 47 übrig – sie treffen tatsächlich auf die Erdoberfläche und heizen sie auf.
Und was macht die Erde? Sie strahlt zurück
Um im Gleichgewicht zu bleiben, müsste die Erde exakt diese 47 Einheiten langwelliger Wärme wieder ins All abgeben. Und das tut sie auch – versucht sie zumindest. Doch hier schlägt der Treibhauseffekt zu.
Die Treibhausgase spielen Pingpong mit der Wärme
Was passiert mit der Wärme, die die Erde abgibt? Ein erheblicher Teil bleibt hängen – aufgefangen von CO₂, Methan, Wasserdampf und anderen Treibhausgasen. Diese Gase wirken wie ein unsichtbares Netz, das die ausgehende Infrarotstrahlung zurück auf die Erde schickt.
Und jetzt wird’s spannend: Weil weniger Wärme rauskommt, muss die Erde sich noch mehr aufheizen, um die gleiche Menge an Energie loszuwerden. Und das wiederum produziert noch mehr langwellige Strahlung – von der wieder ein Teil zurückkommt. Ein Teufelskreis.
Noch andere Wege der Wärmeabgabe? Klar!
Nicht jede Wärme geht über Strahlung verloren. Ein Teil steigt einfach als warme Luft nach oben – sogenannte „sensible Wärme“. Oder wird durch Verdunstung abgegeben: Wasserdampf steigt auf, kondensiert in der Atmosphäre – und gibt dabei latente Wärme ab.
Diese Prozesse helfen – aber sie reichen nicht aus, um das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen.
Also… Was bleibt übrig?
Am Ende bleiben etwa 18 Einheiten der ursprünglich 47 direkt absorbierten Sonnenenergie, die in Form von Infrarotstrahlung die Erde verlassen wollen – aber daran gehindert werden. Sie werden von der Atmosphäre reflektiert, wieder zurückgeschickt. Die Erde erwärmt sich weiter. Und weiter.
Das ist der Treibhauseffekt in Aktion. Und genau diesen Effekt simulieren Wissenschaftler in ihren Klimamodellen, um vorauszusagen, wie sich die globale Temperatur entwickeln wird.
Eine ungleiche Welt – energetisch gesehen
Übrigens: Die Erde ist kein Thermostat mit Gleichverteilung. In den Tropen kommt mehr Sonnenlicht an, deshalb wird auch mehr Energie wieder abgestrahlt. An den Polen ist’s kälter – dort gibt es weniger Strahlung und dafür mehr Reflexion, besonders durch Schnee und Eis.
Was passiert? Die Atmosphäre und die Ozeane verteilen die Wärme. Jetstreams, Meeresströmungen, Winde – all das gleicht Unterschiede zwischen Äquator und Pol aus. Ohne diese gigantischen Förderbänder wäre das Klimasystem noch instabiler.
Warum erwärmt sich dann nicht der Äquator weiter?
Wenn dort mehr Energie reinkommt als rausgeht – müsste es dort nicht glühen?
Theoretisch ja. Praktisch aber transportieren Luft und Wasser die überschüssige Wärme in Richtung der Pole. Dieses globale Wärmesharing stabilisiert unser Klima. Noch. Denn mit dem Klimawandel verändern sich auch diese Transportmechanismen – und das kann katastrophale Folgen haben.
Ach ja – und dann sind da noch die Jahreszeiten
Auch die Neigung der Erdachse spielt mit. Je nachdem, wie die Erde zur Sonne steht, variiert die Menge der Sonnenenergie. So entstehen Sommer, Winter – und regionale Unterschiede in der Energieaufnahme.
Das Klima reagiert also nicht nur auf globale Mittelwerte, sondern auf Verteilungsmuster, Extreme und Verschiebungen. Alles Faktoren, die durch den Klimawandel verändert werden.
Ein Bild für alle, die Sport lieben
Stell dir ein Fußballtor vor. Du schießt Tennisbälle hinein – viele fliegen einfach durch. Jetzt mach dasselbe mit Fußbällen – die bleiben hängen. In diesem Bild sind die Tennisbälle die Sonnenstrahlung: kurzwellige Strahlung kommt leicht durch.
Die Fußbälle? Das ist die langwellige Wärme. Sie bleibt hängen – in den Netzen der Treibhausgase. Und genau das erklärt die Erderwärmung.
Was bleibt?
Mein Freund an diesem Abend war still geworden. „So hab ich das noch nie gehört“, meinte er.
Tja – manchmal braucht es nur ein Glas Wein und eine einfache Frage, um die kompliziertesten Dinge der Welt greifbar zu machen.
In der nächsten Folge unserer Serie geht’s um die großen Strömungen – atmosphärische Zirkulation. Wie bewegen sich Luft und Wasser über den Globus? Und wie beeinflussen sie unser Wetter – und das Klima von morgen?