Lehren aus der Vergangenheit: Wie Kaltwasserkorallen auf die globale Erwärmung reagieren

Koralle

Korallen reagieren auf Veränderungen in ihrer Umgebung. Das gilt sowohl für tropische als auch für Kaltwasserkorallen und umfasst unter anderem Veränderungen von Temperatur, Salzgehalt und pH-Wert. MARUM-Forscher haben nun in einer Studie unter der Leitung von Dr. Rodrigo da Costa Portilho-Ramos untersucht, wie sich wärmere Temperaturen als Folge des Klimawandels auf Kaltwasserkorallen auswirken. Dazu untersuchten sie im Detail, wie diese Korallen in den letzten 20.000 Jahren auf Umweltveränderungen reagiert haben. Ihre Studie ist in der Fachzeitschrift PLOS Biology veröffentlicht worden.

Kaltwasserkorallen, und insbesondere die Art Lophelia pertusa, sind die Architekten komplexer Riffstrukturen. Sie bilden das Fundament wichtiger Lebensräume für Tiefseeorganismen, die in den Strukturen sowohl Schutz als auch Nahrung finden. Korallenriffe reagieren jedoch sehr empfindlich auf veränderte Bedingungen. Dazu gehören die Erwärmung des Meerwassers, die Versauerung, der abnehmende Sauerstoffgehalt und das schwankende Nahrungsangebot. Eine Veränderung eines dieser Parameter, zum Beispiel als Folge des globalen Klimawandels, kann sich auf die Gesundheit des gesamten Korallenriffs auswirken. Laut der neuen Studie ist es daher wichtig, genau zu verstehen, wie diese Ökosysteme auf Umweltveränderungen reagieren, um sie in Zukunft besser schützen zu können.

Erstautor Rodrigo da Costa Portilho-Ramos vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen – und seine Kollegen untersuchten Sedimente von sechs Kaltwasserkorallenstandorten im Nordatlantik und im Mittelmeer, um die kritischen Parameter zu identifizieren, die das Absterben und die anschließende Vermehrung von Kaltwasserkorallen auslösen könnten. In diesen Sedimenten sind Informationen gespeichert, die Aufschluss über die Umweltbedingungen in der Vergangenheit geben. Dadurch können die Forscher feststellen, wann und warum Kaltwasserkorallen gediehen oder nicht. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Ergebnisse auch Aufschluss darüber geben könnten, wie Korallen auf künftige klimatische Veränderungen reagieren könnten. Die Studie analysiert die Veränderungen der wichtigsten Umweltfaktoren in den letzten 20.000 Jahren, dem Zeitraum der allgemeinen globalen Erwärmung seit der letzten Eiszeit, und vergleicht sie mit dem Vorkommen der Kaltwasserkorallen.

„Wir haben in die Vergangenheit geschaut, um zu verstehen, wie Lophelia pertusa auf Umweltveränderungen reagiert hat“, sagt Portilho-Ramos. Die Korallen verschwanden vor allem dann aus einer Region oder kehrten dorthin zurück, wenn sich das Nahrungsangebot oder der Sauerstoffgehalt des Wassers änderte. Kaltwasserkorallen ernähren sich von mikroskopisch kleinem Plankton und anderen Partikeln, die von den Meeresströmungen transportiert werden. Die Temperatur und der Salzgehalt des Wassers hatten kaum Auswirkungen auf die Sterblichkeit oder die Vermehrung von Kaltwasserkorallen. Wie Portilho-Ramos betont, „gehen wir daher davon aus, dass das Nahrungsangebot und die Verfügbarkeit von Sauerstoff die wichtigsten Faktoren sind, die über Leben und Tod von Kaltwasserkorallen entscheiden“. Es ist nicht klar, welche Auswirkungen die Ozeanversauerung langfristig hat, da es keinen paläozeanographischen Indikator für diesen Parameter gibt.

Als „Ingenieure“ des Ökosystems tragen Kaltwasserkorallen wesentlich zur Bildung von Hotspots der biologischen Vielfalt in der Tiefsee bei. Mit ihrem Einfluss auf Nahrungsnetze und Nährstoffkreisläufe, ihrer Rolle als Fischkinderstube und ihrer beeindruckenden Artenvielfalt erbringen Kaltwasserkorallenriffe wichtige Ökosystemleistungen. Um diese Leistungen auch in einer Zukunft unter dem Einfluss des Klimawandels aufrechtzuerhalten, bilden die Ergebnisse dieser Studie eine wichtige Grundlage für die Entwicklung wissensbasierter Managementstrategien für solche Tiefsee-Ökosysteme. Sie tragen auch wesentlich zu den Zielen des Bremer Exzellenzclusters bei, das sich der Erforschung des Meeresbodens widmet.

Datum: Juni 7, 2022
Quelle: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen


Journal Reference:

  1. Rodrigo da Costa Portilho-Ramos, Jürgen Titschack, Claudia Wienberg, Michael Georg Siccha Rojas, Yusuke Yokoyama, Dierk Hebbeln. Major environmental drivers determining life and death of cold-water corals through timePLOS Biology, 2022; 20 (5): e3001628 DOI: 10.1371/journal.pbio.3001628

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