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Lärm, Dunst, Hupen – wer durch eine Metropole geht, spürt schnell: Hier pulsiert das Leben. Doch mit dem pulsierenden Leben kommt auch eine gewaltige Umweltlast. Eine neue globale Studie hat erstmals die Umweltauswirkungen von über 13.000 Städten analysiert – und das Ergebnis ist eine Mischung aus Schock und Hoffnung.

Denn Städte sind heute nicht nur Orte des Fortschritts, sondern auch die Brennpunkte der Klimakrise.

Eine gewaltige Datenbasis – und eine eindeutige Botschaft

Veröffentlicht wurde die Studie am 7. Mai 2025 von einem internationalen Forscherteam unter Leitung der George Washington University. Unterstützt von Universitäten aus St. Louis und North Carolina kombinierten sie Satellitendaten, Bodenmessungen und Computermodelle. Das Ziel: ein möglichst präzises Bild der städtischen Emissionen und Luftverschmutzung von 2005 bis 2019.

Und dieses Bild hat es in sich: Städte sind für rund 70 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Der Löwenanteil stammt aus dem Verkehr und der Energieversorgung von Gebäuden. Besonders bezeichnend: In vielen Ländern verursachen allein die drei größten Städte über ein Viertel aller nationalen Emissionen.

Ein paar Zahlen gefällig? 100 Städte allein sind für 18 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Hundert! Von über 10.000!

Ungleiche Belastungen – global und lokal

Die Studie offenbart auch: Luft ist nicht überall gleich schädlich.

Während Europa in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte bei der Luftqualität gemacht hat, sieht es in anderen Teilen der Welt düster aus. In Asien etwa – insbesondere in Indien – befinden sich 19 der 20 am stärksten verschmutzten Städte weltweit. Das hat dramatische Folgen für die Gesundheit: Feinstaubbelastung tötet. Langsam, leise – aber zuverlässig.

Gleichzeitig zeigen Simulationen, dass durch entschlossene Maßnahmen in Europa bis 2050 rund 250.000 vorzeitige Todesfälle vermieden werden könnten. Ein Beweis, dass Umweltpolitik Leben rettet – wortwörtlich.

Wo Städte handeln – und wo nicht

Doch es gibt auch Lichtblicke. Städte sind nicht nur Problem, sie sind auch Teil der Lösung. Und manche Städte zeigen eindrucksvoll, was geht, wenn der politische Wille vorhanden ist.

London etwa: Bürgermeister Sadiq Khan hat der Autostadt den Kampf angesagt. Mehr Radwege, saubere Busse, niedrigere Emissionen. Und das alles gegen erhebliche Widerstände. Das Ergebnis? Bessere Luft, weniger Lärm, gesündere Kinder – und ein neues Selbstverständnis einer Stadt im Wandel.

Andere Städte ziehen nach. Paris experimentiert mit Superblocks, Kopenhagen hat mehr Fahrräder als Autos, Bogotá setzt auf emissionsfreie Busse. Es geht also – wenn man will.

Und was bedeutet das für uns alle?

Die Studie ist kein reines Zahlenwerk, sondern ein Weckruf. Sie zeigt, dass Städte – diese komplexen, dicht gedrängten Lebensräume – nicht nur ein Problem, sondern vor allem ein Hebel sind. Wer städtische Emissionen senkt, hat direkten Einfluss auf die Gesundheit von Millionen Menschen, auf die Zukunft des Planeten – und auf die soziale Gerechtigkeit.

Denn schlechte Luft trifft nicht die Reichen in den Penthouse-Lofts. Sie trifft die Kinder an der Straße, die Rentnerin ohne Auto, den Paketfahrer ohne Maske. Klimaschutz in Städten ist immer auch Schutz der Schwächeren.

Was muss jetzt passieren?

1. Urbane Transformation konsequent angehen
Der Umbau unserer Städte muss zur obersten Priorität werden: emissionsfreie Mobilität, energieeffiziente Gebäude, grüne Infrastruktur.

2. Daten nutzen, um gezielt zu handeln
Diese Studie liefert eine Schatztruhe an Informationen. Jetzt braucht es politische Instrumente, die daraus echte Veränderung machen.

3. Globale Verantwortung ernst nehmen
Städte des Nordens haben lange über ihre Verhältnisse emittiert. Es ist Zeit für Technologietransfer, faire Finanzierung und Partnerschaften mit dem globalen Süden.

4. Bürgerinnen und Bürger einbinden
Ohne Beteiligung wird der Wandel scheitern. Menschen wollen saubere Luft, weniger Lärm, mehr Lebensqualität – sie müssen aber mitgestalten dürfen.

Ein persönlicher Blick aus dem Fenster

Ich sitze in einer Dachwohnung in einer mittelgroßen Stadt. Von meinem Fenster aus sehe ich eine vierspurige Straße, voll mit Autos – auch heute. Aber ich sehe auch einen Radweg, ein Solardach, eine Kita mit grünem Innenhof.

Die Stadt kämpft – gegen Gewohnheiten, gegen alte Strukturen, gegen Bequemlichkeit. Aber sie bewegt sich. Und genau das zeigt auch diese Studie: Städte können liefern. Sie müssen nur wollen.

Autor: MAB