Auftauender Permafrost kann die globale Erderwärmung beschleunigen

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Der auftauende Permafrost in der Arktis könnte Treibhausgase aus bisher nicht erfassten Kohlenstoffvorräten freisetzen und so die globale Erwärmung anheizen.

Das ist das Ergebnis einer Studie, die ein Geologenteam unter der Leitung von Professorin Dr. Janet Rethemeyer am Institut für Geologie und Mineralogie der Universität zu Köln gemeinsam mit Kollegen der Universität Hamburg und des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ – durchgeführt hat. In der sibirischen Arktis ermittelte das Forscherteam die Herkunft des Kohlendioxids, das aus dem Jahrtausende alten Permafrostboden freigesetzt wird.

Der globale Klimawandel führt zu einem starken Anstieg der Temperaturen, insbesondere in der Arktis. Die höheren Temperaturen bewirken unter anderem, dass immer mehr Permafrostböden, die seit Jahrtausenden gefroren sind, auftauen. Besonders betroffen ist der sogenannte „Yedoma“-Permafrost, der in Gebieten verbreitet ist, die während der letzten Eiszeit nicht von Eisschilden bedeckt waren. Yedoma enthält bis zu 80 Prozent Eis und wird daher auch Eiskomplex genannt. Das Bodeneis kann sehr abrupt auftauen, wodurch der Untergrund zusammenbricht und erodiert. Solche Prozesse, die als Thermokarst bezeichnet werden, machen den zuvor im gefrorenen Boden gespeicherten Kohlenstoff für Mikroorganismen zugänglich, die ihn abbauen und als Kohlendioxid und Methan freisetzen. Die Freisetzung des Treibhausgases verstärkt die globale Erwärmung, was als Permafrost-Kohlenstoff-Rückkopplung bekannt ist.

Bislang gibt es noch viele Unsicherheiten über das Ausmaß der künftigen Treibhausgasfreisetzung. Unter anderem ist unklar, wie gut der uralte Kohlenstoff, der seit Tausenden von Jahren im Permafrost gefroren ist, abgebaut werden kann. Um das herauszufinden, hat das Forscherteam an der sibirischen Untersuchungsstelle an der Lena Kohlendioxidproben entnommen und dazu eine spezielle Ausrüstung verwendet, in der Kohlendioxid über lange Zeiträume luftdicht gelagert und transportiert werden kann. Dies ist wegen des langen Transports nach Deutschland notwendig. Zurück in Köln bestimmten die Forscher dann das Alter des Kohlendioxids mit der Radiokarbonmethode. Außerdem analysierten sie die nicht-radioaktiven Kohlenstoff-Isotope. Aus beiden Parametern wurde dann berechnet, wie viel alter und junger sowie organischer und anorganischer Kohlenstoff im auftauenden Permafrost abgebaut wurde.

Ein großer Teil des Kohlenstoffs – bis zu 80 Prozent – stammt aus altem organischem Material, das vor mehr als 30.000 Jahren in den Sedimenten eingefroren wurde. Das bedeutet, dass Pflanzenreste, die vor Tausenden von Jahren abgestorben sind, im gefrorenen Sediment sehr gut „konserviert“ wurden, was sie zu einer attraktiven Nahrungsquelle für Mikroorganismen im auftauenden Permafrost macht.

Außerdem fand das Team zum ersten Mal heraus, dass bis zu 18 Prozent des Kohlendioxids aus anorganischen Quellen stammen. „Wir haben nicht erwartet, dass diese bisher unbemerkte Kohlenstoffquelle einen so hohen Anteil an der Gesamtmenge der freigesetzten Treibhausgase ausmachen würde“, sagt der Erstautor der Studie Jan Melchert von der Universität Köln. Für genauere Klimavorhersagen sei es notwendig, diese Quelle mit einzubeziehen. Zukünftige Forschungen müssen also klären, woher der anorganische Kohlenstoff in der Yedoma genau stammt und durch welche Prozesse er freigesetzt wird.

Dieses Forschungsvorhaben ist Teil des deutsch-russischen Forschungsprojekts „Kopf — Kohlenstoff im Permafrost“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.

Datum: Januar 28, 2022

Quelle: Universität Köln


Jan Olaf Melchert, Philipp Wischhöfer, Christian Knoblauch, Tim Eckhardt, Susanne Liebner, Janet Rethemeyer. Sources of CO2 Produced in Freshly Thawed Pleistocene-Age Yedoma PermafrostFrontiers in Earth Science, 2022; 9 DOI: 10.3389/feart.2021.737237