Kein Gletscherdüngungseffekt im antarktischen Ozean

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Veränderungen in der Konzentration des atmosphärischen Kohlendioxids (CO2) werden als Hauptursache für vergangene und zukünftige Klimaveränderungen angesehen. Seit langem wird darüber diskutiert, ob der rund 30 Prozent niedrigere CO2-Gehalt der eiszeitlichen Atmosphäre durch Eisendüngung verursacht wurde. Es wird argumentiert, dass eisenhaltiger Staub durch Wind und Wasser in den Ozean getragen wird, wo er das Wachstum von Algen anregt, die mehr CO2 aufnehmen. Da die Algen absterben und dann dauerhaft in die Tiefen des Ozeans sinken, bleibt auch das CO2 dort wie in einer Falle hängen. Obwohl es eindeutige Beweise dafür gibt, dass der Staubeintrag während der Eiszeiten zugenommen hat, ist der Düngeeffekt umstritten, zumindest für den Antarktischen Ozean.

In einer aktuellen Studie ist ein internationales Team von 38 Forschern aus 13 Ländern unter der Leitung von Dr. Michael Weber vom Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn dieser Frage nachgegangen. Im Rahmen des Integrated Ocean Discovery Program (IODP) reiste das Team mit dem Bohrschiff „JOIDES Resolution“ in die Scotia Sea und holte 2019 zwei Monate lang Bohrkerne aus dem Meeresboden in 3.000 bis 4.000 Metern Tiefe. Weber: „Wir haben das höchstauflösende und längste Klimaarchiv gesammelt, das jemals in der Nähe der Antarktis und ihrer Hauptstaubquelle Patagonien gewonnen wurde.“

1,5 Millionen Jahre Klimageschichte

In dem 200 Meter langen Tiefseekern U1537 wurde die Klimageschichte der letzten 1,5 Millionen Jahre detailliert aufgezeichnet. Damit lässt sich die Rekonstruktion des Staubeintrags fast verdoppeln, da antarktische Eisbohrkerne nur die letzten 800.000 Jahre abdecken. Aktuelle Aufzeichnungen aus der Tiefsee zeigen, dass die Staubablagerung während der Eiszeiten tatsächlich fünf bis 15 Mal höher war. Dies spiegelt sich auch in den Eisbohrkernen wider.

Die Forscher fanden jedoch keine Hinweise auf eine Düngewirkung von Staub im antarktischen Ozean während der Eiszeiten. Vielmehr war zum Beispiel die Algenproduktion und damit die CO2-Bindung nur in den warmen Perioden hoch, in denen der Staubeintrag in die Scotia-See gering war. Das bedeutet, dass während der Kälteperioden andere Prozesse verhinderten, dass das im Ozean gebundene CO2 in die Atmosphäre entweicht und eine Erwärmung auslöst. Die wichtigsten Faktoren sind hier eine viel stärkere Meereisbedeckung, eine intensivere Schichtung im Ozean und eine geringere Dynamik der Strömungssysteme, die zu einer Verringerung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre während der Kaltzeiten beitrugen.

Die gegenläufigen Trends bei der Staubablagerung und der ozeanischen Produktivität während der Eiszeiten und Interglaziale des Pleistozäns gehen mit langfristigen, allmählichen Veränderungen des Klimasystems in der südlichen Polarregion einher. Die Bioproduktivität war während der interglazialen Perioden der letzten 400.000 Jahre besonders hoch, aber während des Übergangs vom mittleren Pleistozän vor 1,2 Millionen bis 700.000 Jahren unterschied sie sich kaum von derjenigen während der Kaltzeiten. Mit dem Fortschreiten des Übergangs bedeckte der Staubeintrag immer größere Gebiete der südlichen Hemisphäre. Abrupte Veränderungen traten auch vor 900.000 Jahren auf, was auf eine stärkere Vergletscherung der Antarktis hindeutet.

„Es gibt in der Tat Hinweise auf einen Düngeeffekt während der Eiszeiten in Bohrkernen außerhalb der antarktischen Zone“, folgert Weber. „Unsere Studie zeigt jedoch, dass die atmosphärischen CO2-Schwankungen nicht allein von der Eisendüngung durch Staubablagerung abhängen. Im Antarktischen Ozean handelt es sich vielmehr um ein komplexes Zusammenspiel von Westwindsystem, Produktivität und Rückkopplung mit dem Meereis. Diese Beziehung ist über die letzten 1,5 Millionen Jahre konsistent gewesen.

Datum: April 19, 2022
Quelle: Universität Bonn


Journal Reference:

  1. Michael E. Weber, Ian Bailey, Sidney R. Hemming, Yasmina M. Martos, Brendan T. Reilly, Thomas A. Ronge, Stefanie Brachfeld, Trevor Williams, Maureen Raymo, Simon T. Belt, Lukas Smik, Hendrik Vogel, Victoria L. Peck, Linda Armbrecht, Alix Cage, Fabricio G. Cardillo, Zhiheng Du, Gerson Fauth, Christopher J. Fogwill, Marga Garcia, Marlo Garnsworthy, Anna Glüder, Michelle Guitard, Marcus Gutjahr, Iván Hernández-Almeida, Frida S. Hoem, Ji-Hwan Hwang, Mutsumi Iizuka, Yuji Kato, Bridget Kenlee, Suzanne OConnell, Lara F. Pérez, Osamu Seki, Lee Stevens, Lisa Tauxe, Shubham Tripathi, Jonathan Warnock, Xufeng Zheng. Antiphased dust deposition and productivity in the Antarctic Zone over 1.5 million yearsNature Communications, 2022; 13 (1) DOI: 10.1038/s41467-022-29642-5